Liebe Homepage-Besucher,

unter dieser Rubrik - Kenjis Themen - möchte ich gern zu den verschiedensten Dingen meine Gedanken niederschreiben.

Ich möchte euch an meinen Ansichten, Ideen und Eingebungen teilhaben lassen und hoffe, dass es für euch von Interesse ist und euch vielleicht auch weiterhilft.

Themen aktuell:
Stocktechniken  -  Jōdō     Juli 2023
Sokushin und Körperschwerpunkt    Mai 2022
Tombo-Haltung      Mai 2022
Kuzushi und Atemi  
   Feb. 2022
Tsurigoshi      Jan. 2022
Stock - Basis   März 2021
Handhaltung bei der Tombo-Bewegung   Feb. 2021
Gehen   Jan. 2021
Ukashi-waza    Mai 2020
Mugen no furi - unendl. Achtbewegung   Mai 2020
Gedanken im Garten   April 2020

 

Kenjis Themen  -  Teil 4    hier klicken
Bedeutsamkeit der tiefen Atmung   April 2020
Meguri-te
  April 2020
Suriashi - das Gehen   April 2020
Kuzushi - aus dem Gleichgewicht bringen,   Jan. 2020
Budo und Atmung (Vortragstext), Aug. 2016
Schwert und Atmung, Juli 2016

Taido und Sotaiho, Juni 2015
Kotodama  –  Kumbahaka  –  Ken-no-Suburi  Jan. 2015

Kenjis Themen  -  Teil 3   /  Kenjis Themen  -  Teil 2 
Kenjis Themen  -  Teil 1  hier klicken

 

Stocktechniken  -  Jōdō

Seit über einem Jahr beschäftige ich mich intensiv mit Jōdō – Stocktechniken. Dafür lese ich immer wieder in dem Buch von Takaji Shimizu mit dem Titel  Jōdō kyohon, das er vor über 80 Jahren geschrieben hat.
Die Techniken, die er in dem Buch beschreibt, basieren auf Shindō Musō-ryū Jōjitsu –Stocktechniken, die dessen Gründer  Musō Gonnosuke Katsuyoshi  Anfang des 17. Jahrhunderts entwickelt hat.

Musō Gonnosuke hat lange verschiedene Kenjutsu- und Bojutsu-Techniken (Schwert- und Stockkünste) geübt. Nach bestandenen Prüfungen reiste er als Schwertkämpfer durch Japan und absolvierte siegreich viele Kämpfe. Er hat auch gegen Musashi gekämpft, aber den Kampf verloren. Daraufhin hat er sich zurückgezogen und meditiert. Ein Traum hat ihn dazu angeregt, nicht mit dem Schwert sondern mit einer anderen Waffe zu kämpfen, einem „runden Stock“ und damit den Solarplexus des Gegners zu kontrollieren. Er entwickelte Shindō Musō-ryū Jōjitsu mit sehr vielen verschiedenen, komplizierten Techniken, es gibt dreiundsiebzig Katas.
In seinem Buch über Jōdō reduzierte Takashi Shimizu die vielen Techniken auf fünfzehn Basis-Katas (Kata = festgelegte Bewegungsabfolge) und sieben verschiedene Ausgangspositionen.
Bei einem Kampf mit einem Stock gegen ein Schwert kann der Stock aber vielleicht beschädigt werden. Shimizu wollte aber, dass weder dem Partner Schmerzen oder Verletzungen zugefügt werden, noch dass der Stock demoliert wird. Er wollte die Techniken so gestalten, dass weder Mensch noch Stock Blessuren davon tragen. Er wollte den Partner nur „zurechtweisen“. Diese Auffassung vom Kämpfen finde ich sehr interessant und gut.

Schlagtechnik mit dem Stock

Mir ist aufgefallen, dass die Tombo-Haltung beim Tategiuchi-schlagen (Schlagen gegen einen senkrechten Stamm) der Haltung beim Stockschlagen ähnelt:
Bei der Tombo-Haltung liegt der linke Unterarm dicht am Unterkörper an, die rechte Hand geht in die Nähe des Ohrs und der Ellenbogen steht winklig ab. Dadurch weitet und hebt sich die Brust, die Wirbelsäule streckt sich und die Atmung wird tief. Aber im Unterschied zum Schwert werden beim Stock beide Seiten gleich geübt. Für den Körper ist das gesünder, da nicht nur eine Seite belastet wird, wodurch Verspannungen und Schmerzen entstehen können. Der Körper kommt eher ins Gleichgewicht und es wird eine aufrechte Haltung geübt.

Stockschlagen beinhaltet Hon-te und Gyaku-te:

Hon-te - Handhaltung:  Hon-te  bedeutet, dass beide Hände dicht am Stock anliegen, bzw. der Kleine Finger beider Hände umfasst fest den Stock (wie auch beim Schwert). Die Winkel zwischen Zeigefinger und Daumen von beiden Händen weisen in die gleiche Richtung. Beide Ellenbogen zeigen nach unten und beide Handgelenke sind nach innen gebogen.

Gyaku-te - Handhaltung:  Bei Gyaku-te ist die obere Hand so „gedreht“, dass der Daumen nach unten zeigt. Dabei hält die Hand nur losen Kontakt zum Stock, der Kleine Finger fasst nicht fest zu. Die Finger sind „geöffnet“ und beim eher wurfartigen Schlag führt die Haut zwischen Daumen und Zeigefinger den Stock nach unten. Würde man den Stock fest umfassen, dann würde der Ellbogen seitlich abstehen und der Arm seine Lockerheit verlieren. Auch bei dieser Handhaltung zeigen die Winkel zwischen Daumen und Zeigefinger von beiden Händen in die gleiche Richtung, nach vorne. Dadurch ist das obere Handgelenk nach oben gewölbt, das untere, wie vorher, nach innen gewölbt.
Diese beiden Handhaltungsformen sind für ein effektives Stockschlagen sehr wichtig und finden sich auch in den Taido-Techniken wieder (zum Beispiel bei Shihonage)
Beim Schlagen, sowohl bei der Hon-te- und auch bei Gyaku-te-Haltung geht beim Heben des Stocks die obere Hand seitlich gestreckt nach oben. Beim Schlag gehen dann beide Hände vor den Körper, vor die Körperachse.

Die untere Hand (Hon-te) ist beim Schlagen immer dicht am Körper und der Ellbogen zeigt nach unten. Außerdem wird sie nach außen „gedreht“ (s. Abb. Hon-te). Diese Drehung, die beim Schwertschlagen nicht vorhanden ist, ist ganz wichtig. Dadurch, dass die obere Hand nur locker hält, kann sich der Stock um seine Achse drehen. Der Stock, bzw. das Schwert des Partners werden durch die Drehung „verschoben“ und dadurch aus dem Gleichgewicht gebracht  (kuzushi). (Das ist beim Schwert anders, dort ist die Haltung beider Hände mehr gestreckt.)
Durch diese Art des Schlagens bleiben Arme und Schultern entspannt und die Kraft und Ki-Energie können vom Tanden aus über den Stock durch die Stockspitze nach außen fließen.

Aber nicht nur die oben beschriebene Körper- und Handhaltung ist bei der Ausführung von Techniken von Bedeutung, ebenso entscheidend ist der Stand und die Bewegung der Füße (Vorgehen, Zurückziehen des Fußes usw.). Bei richtigem Stand und korrekter Bewegung entsteht eine gerade Körperachse mit tiefem Körperschwerpunkt. Bei den Füßen soll der Schwerpunkt auf dem Sokushin-Punkt beim Großen Zehballen liegen.

Es gibt viele Stocktechniken, aber allen ist gemeinsam, dass sie Ukashi und Kuzushi beinhalten müssen, um wirksam zu sein und den Partner unter Kontrolle halten zu können. Dann ist es nicht nötig, sein Gegenüber, seinen Angreifer, zu verletzen. Dann kann man ihn kontrollieren und „zurechtweisen“  -  wie Takashi Shimizu  in seinem beschrieben.

Jō no kamae  - Ausgangspositionen bei den Stocktechniken

Es gibt verschiedene Ausgangspositionen. Aber vor und nach einer Stock-Kata mit unterschiedlichen Ausgangspositionen nimmt man immer die  Kamae-Jō- Haltung  ein.
Diese Haltung hat die gleiche Wirkung wie die Kumbahaka-Taisei-Haltung von Tempu Nakamura (Erläuterungen dazu siehe: http://www.taido-hannover.de/pages/kenjis-themen/teil-3-kenjis-themen.php  und  http://www.taido-hannover.de/pages/kenjis-themen/teil-1-kenjis-themen.php). Laut Tempu Nakamura wird der Körper von „Geist-Seele“ beeinflusst und um eine gute Verbindung zwischen Körper und Geist herzustellen und positiv auf den Körper einzuwirken, ist es notwendig, den Aftermuskel zu schließen und die Schultern locker zu halten. Dadurch entsteht Kraft im Unterbauch und Körper und Geist können leichter vereint werden. Tempu Nakamura hat Kumbakaka Taisei in seinen Kokyu Soren- Übungen eingefügt, ebenso in seinen Sekkyokuteki Taiso - und Toitsushiki-Undoho Übungen. Das sind nicht nur gymnastische Übungen. Wichtig bei diesen Übungen ist, dass sie mit positiven (philosophischen) Gedanken und Gefühlen durchgeführt werden. Zum Beispiel: „Ich bin jetzt eins mit dem Universum“ oder „Die positive Energie des Universums fließt in mir.“

In die Reihe dieser Übungen ist auch Yōdōho (das Becken in Schwingung versetzen) einzuordnen. Dabei werden im Seiza-Sitz oder im Liegen mit dem Becken in kleine Kreisbewegungen ausgeführt, oder der Körper wird durch kleine auf und ab Bewegungen in der Sonkyo-Hocke in Schwingungen versetzt, oder im Stehen wird durch das Heben und Senken der Fersen der Körper zum vibrieren gebracht. Durch diese Bewegungen soll erreicht werden, dass der Schwerpunkt nach unten sinkt und die Mittelachse klar wird. Gleichzeitig ist dabei spürbar, wo der Körper verspannt oder schief ist.

Bei Tempu Nakamuras Kumbahaka Taisei-Haltung, wie auch bei der  Kamae-Jō- Haltung  stehen die Füße V-förmig und der Schwerpunkt liegt vorne beim Sokushin-Punkt. Wenn der Schwerpunkt z. B. auf den Fersen oder der Fußaußenkante verlagert ist, können im Körper Probleme entstehen, wie O-Beine oder Hallux Valgus.
Der Rücken soll gerade gehalten werden. Vor allem soll die Wirbelsäule im Beckenbereich senkrecht sein, kein Hohlkreuz aufweisen und nicht nach außen gewölbt sein. Die Schultern sind locker und der Schwerpunkt liegt tief. Dadurch ist der Aftermuskel automatisch geschlossen.
Diese Haltungsprinzipien werden so auch beim Sotaiho beschrieben und sie entsprechen auch den Erklärungen von Musashi.

Kamae-Jō-Stellung entspricht der Kumbahaka-Taisei-Haltung. Darum ist sie für mich wichtig und ich möchte sie beim Stocktraining und auch beim Taido mit in das Training einbringen, ebenso wie auch meine Erfahrungen vom „Eisenstange-“ und Tategi-uchi-Schlagen. Ich möchte somit meinen eigenen Stil verfolgen, bzw. meine eigene Richtung gehen.

Kenji Hayashi   Juli 2023

Sokushin und Körperschwerpunkt

Das Körpergewicht sollte an der Innenseite vom Großen Zeh-Ballen
liegen.  Dieser  Punkt,  auf  dem  das  Körpergewicht  liegt,  wird  im
Japanischen als  Sokushin   (= Fußmittelpunkt) bezeichnet.
 

Liegt  der  Schwerpunkt nicht auf  diesem Punkt, dann ist die Körper-
haltung nicht korrekt, und der Körper ist schief.
Oft liegt der Schwerpunkt bei den Fersen oder zu weit vorne bei den Zehenspitzen oder bei der äußeren Fußkannte oder Innenfußkante.

Wenn der Schwerpunkt bei den Fersen liegt, dann fühlt sich der Körper sehr schwer und unbeweglich an und man fühlt sich träge. Liegt der Schwerpunkt zu weit vorne, dann sind die Bewegungen schnell und hastig und man fühlt sich gehetzt. (Körper und Geist hängen immer zusammen.)

Diesen Beschreibungen aus dem Sotaiho kann ich aus eigener Erfahrung zustimmen. Unser Energie- (Ki-) punkt und unser Körpermittelpunkt liegen beide zusammen im Unterbauch, im Tandenpunkt. Dieser Punkt liegt ca. 3 cm unterhalb des Bauchnabels in der Mitte des Beckens. Um diesen Punkt zu spüren, ist es nicht hilfreich, den Bauch anzuspannen oder nach vorne zu strecken. Dadurch entstehen nur Verspannungen im Körper, denn die Körpermitte können wir nicht bewusst anspannen.
Es ist gar nicht so schwierig, diesen Punkt zu fühlen. Sehr viel schwieriger ist es, die Verbindung zwischen Tanden- und Sokushin-Punkt zu spüren. Wenn der Körperschwerpunkt auf dem Sokushin-Punkt liegt, dann sind der Tandenpunkt und auch die Verbindungslinie zum Sokushin besser erfühlbar.

Wenn man während einer solchen Haltung Atemübungen durchführt, dann ist es leichter, sich auf den Aftermuskel zu konzentrieren und ihn zu schließen (s. Text Kumbahaka, Teil 4 - Aftermuskel schließen, vom März 2010 in  Kenjis Themen, Teil 1 http://www.taido-hannover.de/pages/kenjis-themen/teil-1-kenjis-themen.php ).

Diese beschriebene Haltung beim Stehen und Gehen entspricht der Haltung, wie ich sie auch bei “Tsurigoshi“ beschrieben habe und führt auch dazu, keinen „Druck auf den Boden“ auszuüben.
Ich vermute auch, dass durch eine solche Haltung vielleicht Probleme wie O- oder X-Beine und Hallux-Beschwerden gemildert werden können. Aber das möchte ich noch weiter beobachten.

Kenji Hayashi,  Juli 2022

Tombo-Haltung

Bei einem Schlag, von rechts oder links gegen den Tategiuchi, einen senkrechten Holzstamm, wird die Tombo-Haltung eingenommen. Traditionell wurde bei diesem Schlagtraining am Morgen dreitausend Mal und abends achttausend Mal gegen den Stamm geschlagen. So viel habe ich aber nicht geübt. Aber ich habe täglich zwei- bis dreitausend Mal, manchmal auch fünftausend Mal gegen den Stamm geschlagen.
Wenn man die Schlagübung falsch ausführt, kann das für den Körper sehr negative Auswirkungen haben. Darum bin ich nach Japan gefahren und habe mich in dieser Schlagtechnik unterweisen lassen. Je besser ich wurde, desto mehr Schläge konnte ich während eines Atemzuges ausführen, zehn bis zwanzig Schläge pro Ausatmung. Dabei muss die Bewegung sehr schnell und flüssig erfolgen. Dadurch ergibt sich eine spiralförmige Achtbewegung, die der Möbiusschleife ähnelt. Diese spiralige Bewegung fand ich sehr effektiv und habe sie darum auf meine Taido-Techniken (ohne Waffe) übertragen und in die Techniken integriert. Um aber eine Technik mit dieser spiralförmigen Bewegung auszuführen, ist die Tombo-Haltung, wie sie beim Schwertschlagen eingenommen wird, Voraussetzung. Darum möchte ich das jetzt ausführlich erklären:

Bei der Tombo-Haltung stehen die Füße in einem leichten Winkel auseinander. Und wenn das Schwert auf der rechten Seite hochgehoben wird, steht das linke Bein ca. ½ Fuß vorne. (Der rechte Fuß steht vorne, wenn das Schwert links hochgehoben wird.) Dabei ist darauf zu achten, dass die Körperfront genau nach vorne zeigt, also sich die Hüfte nicht zur Seite dreht. Somit ist die Körperachse senkrecht nach vorne ausgerichtet, nicht schräg zur Seite!

Bei der üblichen Handhaltung beim Schwert ist die rechte Hand vorne am Griff. Bei der Tombo-Bewegung wird jetzt diese rechte Hand in Höhe und Nähe des rechten Ohrs geführt und dabei so gedreht, dass die scharfe Seite der Klinge nach außen zeigt, also nach rechts. Durch die Drehung nach rechts, gleich zu Beginn der Hebebewegung entsteht eine Spirale.

 

Der Kleine Finger und der Daumen umfassen fest den Schwertgriff. Der Zeigefinger aber bleibt locker. Der Ellenbogen zeigt winklig nach außen (wie der Flügel einer Libelle, japanisch = Tombo). Wichtig: die Hüfte zeigt nach vorne. Es ist also keine übliche „Hidari-hanmi-Stellung“, auch wenn der linke Fuß etwas vorne steht.


Aus dieser Position heraus schlägt man – leicht schräg – gegen den Stamm und führt dann das Schwert senkrecht nach unten. Die Schwertklinge bleibt in der leicht schrägen Position und gleitet, fest am Stamm anliegend, nach unten. Nach ausgiebigem Üben kann der Holzstamm dann leicht verbrannt riechen. Um das zu erreichen ist ein gutes „Shibori“ (festes Umfassen des Schwertgriffs) notwendig und die Bewegung des Schwertes muss stark und schnell sein. Aber es soll nicht mit Muskelkraft zugeschlagen werden. Wenn man falsch schlägt, kann das Schwert, bzw. der Stock leicht brechen.

Während des gesamten Schlags muss der linke Ellenbogen / Unterarm dicht am Körper gehalten werden, so dass er Kontakt zum Rumpf hat. Dadurch ist der linke Arm auch nicht durchgestreckt. (Der japanische Begriff dafür ist „Sahi-setsudan“.) Diese Ellenbogenhaltung ist ausschlaggebend für eine richtige Tombo-Bewegung.
Hier ein Link zu einem Video mit der Tombo-Schlagtechnik:
http://www.taido-hannover.de/pages/tombo-haltung.php

Der Mönch Zenkichi Oshō, ein großer Meister des Tenshinsho Jigenryu, hat für seine Schüler folgende Lehrsätze (Geheimlehre) geschrieben:

Bewege  NIEMALS  deinen linken Ellenbogen.
Wenn du diese (Geheim-)Regel beim Schlagen befolgst, dann kann keiner nachvollziehen, warum deine Schwertschläge so sehr schnell sind.
Starte deine Schlagbewegung (nach unten) nicht mit der linken Hand (als Führungshand).
Sondern die rechte Hand muss mit dem Schlag (nach unten) beginnen (und die Führung übernehmen). Die linke Hand folgt dann der rechten Hand.

(Den in Klammern hinzugefügten Text gibt es nicht im Original. Ich habe ihn hinzugefügt, um euch den Inhalt verständlicher zu machen.)

Nach Beendigung des Schwerschlags wird die Hand mit dem Schwert gedreht, so dass die Klinge wieder nach rechts außen zeigt. Die rechte Hand ist dabei oben. Der Begriff für diese Drehbewegung lautet im Japanischen „Sute-Tombo“.
Das Schwert wird dabei waagrecht, aber leicht schräg vor dem Körper gehalten, so dass die Schwertspitze in einer Linie vor der linken Hüfte ist. Dadurch ergibt sich automatisch, dass beide Ellenbogen am Rumpf anliegen („Waki o shimeru“) und es entsteht eine kraftvolle Spannung im Unterbauch. Anschließend beginnt wieder die Hebebewegung des Schwertes. Wird dieser Bewegungsablauf flüssig ausgeführt, entsteht die spiralige Acht-Bewegung.

Wenn man auf den Tategi zugeht ist es noch sehr wichtig, sich nicht vom Boden abzudrücken, bzw. man soll dem Boden nicht „einen Tritt versetzen“ (s. auch Text „Tsurigoshi“.)

Kenji Hayashi,  Mai 2022

Kuzushi und Atemi

Bei der Durchführung einer Technik gibt es am Anfang einen Punkt (Zeitpunkt), an dem Kuzushi (s. Text in „Kenjis Themen“ Teil 4, http://www.taido-hannover.de/pages/kenjis-themen/teil-4-kenjis-themen.php ) und Atemi (Schlagtechnik) zugleich angewendet werden. Von diesem Punkt ausgehend entsteht eine kreisförmige, spiralige Linie (Bewegungslinie), an die sich dann eine Technik, wie zum Beispiel Shihonage, Kotegaeshi anschließt. Dieses „Technik-Bild“ von einem Punkt, verbunden mit einer kreisförmigen Linie, möchte ich hier näher erläutern.

Mit Kuzushi soll die Angriffskraft eines Angreifers in eine andere Richtung gelenkt und abgeschwächt werden. Wenn die Angriffskraft nach oben gelenkt wird, nenne ich das beim Taido „Ukashi“ (s. Text in Kenjis Themen, http://www.taido-hannover.de/pages/kenjis-themen.php ). Wird die Kraft nach unten, bzw. schräg zur Seite nach unten gelenkt, nenne ich es weiterhin Kuzushi. Durch Kuzushi wird der Angreifer aus dem Gleichgewicht gebracht. Das bedeutet, dass der Körpermittelpunkt und Körperschwerpunkt nicht mehr in einem Punkt zusammenfallen. Aber wie kann ich das erreichen? Dieses Problem ist bei Schwert-, Stock- und Handtechniken gleich. Wenn der Angreifer nicht wirkungsvoll aus dem Gleichgewicht gebracht wird, hat er eine gute Möglichkeit seinen Körper wieder zurück in Balance zu bringen und weiter anzugreifen. Wenn man einen Angreifer aber exakt aus dem Gleichgewicht bringt, ergibt sich außerdem zwangsläufig daraus eine Atemi-Position.

Das möchte jetzt genauer erklären: Atemi entsteht wie der Schatten bei Sonnenschein. Wenn Sonnenstrahlen auf einen Gegenstand fallen, entsteht gleichzeitig ein Schattenwurf. So ist das auch bei Kuzushi und Atemi zu verstehen. Durch Kuzushi entsteht Atemi. Andersherum ist das aber nicht möglich. Durch Atemi (den Schatten) entsteht kein Kuzushi (fängt die Sonne nicht an zu scheinen), das heißt, der Partner wird nicht aus dem Gleichgewicht gebracht.
Natürlich wird während des Trainings Atemi nicht richtig ausgeführt, aber die Stellung, die Bereitschaft dafür sollte vorhanden sein.

Ich habe während des Trainings schon oft über Kuzushi gesprochen, besonders im Zusammenhang mit der Aufwärtsbewegung des Schwerts bei den Schlagübungen am Tategi (Tombo-Bewegung am senkrechten Holzstamm). Wenn ich die rechte Hand spiralig mit dem Schwert hoch hebe, bewegt sich automatisch die linke Hand mit. Ich habe das aber nicht beachtet und auch nicht auf Bewegungen und Techniken ohne Schwert übertragen.

Der Shinkage-ryu Schwertmeister Kamiizumi Ise-no-kami ist in Japan sehr berühmt. Seine Techniken werden bis heute noch in seiner traditionellen Form geübt. Er hat eine Schwertkata, Bewegungsabfolge entwickelt, bei der sich zwei Partner mit der „Waki-gamae" Position gegenüber stehen, beide mit dem linken Fuß vorne.
Der Angreifer schlägt nun in einem 45°-Winkel in Richtung Schulter des Verteidigers. Der Verteidiger startet, mit geringer Verzögerung, mit der gleichen Schlagbewegung. Doch sein Schlag geht nicht zur Schulter sondern zur Hand, zum Handgelenk. Dadurch bringt er den Angreifer zur Seite hin aus dem Gleichgewicht. Der Körper wird so aus der Achslinie gedrängt. Dadurch zeigt die Schwertspitze jetzt Richtung Kehle des Angreifers und befindet sich in einer „Atemi-Position“ – der „Schatten ist entstanden“. Das Schwert des Verteidigers könnte nun zur Kehle geführt werden.

Es ist ausschlaggebend für die Wirksamkeit, dass bei der Verteidigung das Schwert zum Handgelenk geht und nicht das Schwert des Angreifers kreuzt. Denn dann würde nur das Schwert des Angreifers aus der Achslinie gehen und nicht der Körper. Der Angreifer hätte weiterhin einen festen Stand und könnte wieder angreifen.
Ein Stoß aus der Atemi-Position ist aber nicht mehr notwendig, da der Partner durch die Position des Schwertes unter Kontrolle ist, er ist besiegt. Mit dieser Technik hat Ise-no-kami sein Ziel, einen Gegner zu besiegen ohne ihn zu verletzen, erreicht. Es ist eine „friedliche Budokunst“ entstanden.
Aus dieser Technik heraus hat sich Shinkage-ryu entwickelt, ebenso die Techniken mit bloßer Hand.

Ein weiterer wichtiger Punkt für den Verteidiger ist die Art und Weise, wie er sich bei der Abwehr nach vorne bewegt: für eine effektive Abwehr ist die Tsurigoshi-Haltung notwendig und dass man sich nicht vom Boden abdrückt, bzw. man „dem Boden nicht einen Tritt versetzt“ (s. Text Tsurigoshi).

Feb. 2022,  Kenji Hayashi

                          Tsurigoshi    (s. auch Video Erklärungen von Basisprinzipien )

Vor ca. 450 Jahren hat der berühmte Schwertmeister (Shinkage-ryu-Schwertkunst) Kamiizumi Ise-no-kami beim Schwertschlagen eine Haltung, die er als Tsurigoshi  bezeichnete, unterrichtet.

Seiner Auffassung nach sollte es bei einem Kampf keine Sieger und Besiegten, sondern es sollte nur „Sieger“ geben. Er wollte seine Gegner nicht töten, sondern mit ihnen zusammenleben. Diese Philosophie wollte er auch in seinen Techniken ausdrücken. So entwickelte er Tachi-dori und Muto-dori. Bei diesen Techniken nimmt der Verteidiger einem Angreifer das Schwert ab und beendet damit den Kampf. Bei Tachi-dori hat der Verteidiger selber ein Schwert / Kurzschwert in der Hand, bei Muto-dori tritt er dem Angreifer mit bloßer Hand gegenüber.
Bei den Techniken legte Ise-no-kami viel Wert darauf, dass man sich beim Bewegen, Gehen, Laufen nicht vom Boden abdrückt, bzw. man „dem Boden nicht einen Tritt versetzt“. Dafür ist die Tsurigoshi-Haltung Voraussetzung.
Hideki Maeda, hat sich sehr mit Shinkageryu auseinandergesetzt und seine Erkenntnisse in einem Buch beschrieben:

Man soll sich vorstellen, dass das Kreuzbein an einem Faden hängt (wie bei einer Marionette) und hochgezogen wird (tsuri = hochziehen / goshi oder koshi = Hüfte, Becken). Dadurch geht automatisch der Bauch nach vorne/unten.
Beim Gehen sollen die Zehen,  besonders der Große Zeh, angehoben werden und die Knie leicht gebeugt sein.

Das „fest auf den Boden treten“ oder anders gesagt „sich stark vom Boden abdrücken“ wird bei Maeda so erklärt: Für Mensch und Tier ist es normal auf der Erde zu gehen, auf den Boden zu treten. Dabei liegt unser Körperschwerpunkt öfters auf den Fersen. Und wenn ich beim Gehen mit einem Fuß nach vorne gehe, hebe ich den Fuß an, führe ihn nach vorne und berühre als erstes mit der Ferse wieder den Boden. Gleichzeitig hebt sich beim hinteren Fuß die Ferse an und ich drücke mich mit den Zehen ab um vorwärts zu kommen. Dieses Abdrücken, dieser Druck auf der Erde ist gemeint bei „dem Boden einen Tritt versetzen“. Laut Ise-no-kami soll dieser Druck, dieses Abdrücken vermieden werden, da der dafür notwendige Krafteinsatz „in Konkurrenz“ zu dem Krafteinsatz in den Armen steht und dadurch die Wirksamkeit der Verteidigungstechniken abgeschwächt wird. Gleichzeitig wird ein „harmonischer Kraft-Kreislauf“ im Körper behindert oder unterbrochen.

Um diesen Druck zu vermeiden soll die Tsurigoshi-Haltung eingenommen werden und beim Gehen die Zehen, besonders der Große Zeh, angehoben werden.
Diese Art des Gehens in Verbindung mit der Tsurigoshi-Haltung  bewirkt, dass der Körper und das Schwert eine Einheit (jap. Toshin-ichi-nyo) bilden können. Sonst geht beim Schwertschlag das Schwert nach vorne und der Körper zurück, in eine andere Richtung und sie bilden nicht mehr eine Einheit.

Diese Beschreibung von Tsurigoshi habe ich in Hideki Maedas Buch gelesen und intensiv geübt. Sie hat mich überzeugt, und ich finde diese Erklärungen nicht nur für Budo und Schwerttechniken sehr wichtig, ebenso auch für den Alltag, um Körper und Geist ins Gleichgewicht zu bringen und um die Gesundheit des Körpers zu fördern.

Januar  2022, Kenji Hayashi

Stock  -   Basis   

Für mich beinhaltet der Stock zwei Bewegungen, die die Basis für alle anderen Stocktechniken sind:

               Koi-Bewegung mit Stock                                                                              Ai-Bewegung mit Stock

          Koi  –  Anziehungskraft-Bewegung                                                                Ai  –  Fliehkraft-Bewegung

Der Stock an sich, ohne Bewegung, ist einfach ein lebloser Gegenstand. Aber wenn man den Stock in der Mitte fasst und kreisend, spiralig bewegt, wird er lebendig und die Stockspitze zeichnet eine liegende Acht . Und wie bei der Möbius-Schleife wird innen zu außen und außen zu innen.
Diese spiraligen Bewegungen nehmen die Angriffskraft von Stock oder Schwert des Partners auf und ziehen sie in die spiralige Schleife hinein.
Wenn die Fußbewegung (Ashi-sabaki), die Handbewegung (Te-sabaki) und die Körperbewegung (Tai-sabaki) gut zusammen arbeiten, entsteht eine effektive Stock-Technik.
Die Haltung, die man dann einnimmt, beschreibt Tempu Nakamura folgendermaßen: Die Schultern sind locker, die Kraft wird nach unten in den Unterbauch gelegt, der Aftermuskel ist geschlossen.

Bei den Stocktechniken ist dazu noch wichtig: Der Solarplexus (Mizuochi) ist locker und leicht vertieft, die Kehle ist locker, so dass Luft entweichen kann und der Bauch ist dabei nach „oben gedreht“. Die Konzentration soll auf dem Ballen vom Großen Zeh liegen (Sokushin) und auf der Mitte der Handinnenseite. Von dort besteht jeweils eine Verbindung zur Körpermitte.
Dieser Körperzustand / -Haltung wird Dōzukuri genannt.

März 2021,  Kenji Hayashi

Handhaltung bei der Tombo-Bewegung

Wie ich schon oft beim Training erklärt habe, ist bei den Techniken wie Shihonage, Ichi-no-te u.a., Ukashi und Kuzushi erforderlich.

Ich habe auch gezeigt, dass bei einem Angriff, die Tombo-Bewegung /-haltung des Arms und der Hand für die Ausführung einer Technik wesentlich ist. Dadurch lässt sich die Bewegung des Angreifers einfacher kontrollieren, wenn er zum Beispiel das Handgelenk fest umfasst oder es stark nach unten drückt oder zuschlägt.

Wenn zum Beispiel der Angreifer die rechte Hand umfasst, soll diese Hand in die Tombo-Position an das rechte Ohr gebracht werden, also die Hand von unten nach oben gebracht werden. Die Hand- und Fingerhaltung ist anders, wenn man dabei ein Schwert in der Hand hält. Ohne Schwert kann man sich vorstellen, dass man bei der Bewegung einen kleinen Ball in der Hand hält.

Auf Grund dieser Vorstellung werden die Finger nicht gestreckt, sondern sind leicht gebeugt und der Handteller ist nach innen gewölbt. Diese Haltung von Fingern und Hand ermöglicht eine bessere Beweglichkeit des Handgelenks und dadurch ist die Hand einfacher in die „Tombo-Position“ zu bringen.

Wie beschrieben, darf die Hand mit den Fingern nicht schlaff herunterhängen, sondern es soll Kraft und Ki bis zu den Fingerspitzen hin fließen.

Nur bei so einer Handhaltung während der Tombo-Bewegung ist es leicht möglich, Kuzushi und Ukashi auszuführen. Aber gleichzeitig muss die Körperhaltung aufrecht und grade sein.

Erklärung der Tombo-Haltung mit Schwert: http://www.taido-hannover.de/pages/tombo-haltung.php

Februar  2021, Kenji Hayashi

Gehen     

In alten Texten und Büchern wird eine Schwertübung beschrieben, bei der sich die Meister, bzw. Samurai ca. 5 m von einem Tategi-Stamm entfernt aufgestellt haben, mit drei Schritten auf den Stamm zugegangen sind und dann gegen den Stamm geschlagen haben.
ch habe das auch probiert, aber ich habe es nicht geschafft, mit nur drei Schritten die Entfernung zu überwinden. Es stellte sich mir die Frage, wie haben die Schwertmeister das geschafft? So fing ich an, mich mit „Gehen“ zu beschäftigen.

Jetzt in der Zeit des Lockdowns, wo wir unser Dojo schließen müssen, habe ich viel Zeit, so dass ich angefangen habe, jeden Tag im Dojo drei Stunden lang zu „gehen“. Das mache ich jetzt seit drei Monaten.
Zu Beginn habe ich mich wieder mit „Suriashi“ auseinandergesetzt, und dann „Das Buch der fünf Ringe“ von Miyamoto Musashi nochmals gelesen. Dort steht viel über „richtiges Gehen“. 

(siehe auch Kenjis Themen: „Suriashi – das Gehen    http://www.taido-hannover.de/pages/kenjis-themen.php )

Musashi schreibt in seinem Buch: „Beim nach vorne Gehen soll man die Zehen anheben und sich fest mit den Fersen abdrücken.“ Darauf habe ich mich am Anfang meiner Laufübungen konzentriert und natürlich auch auf eine aufrechte Haltung und einen tiefliegenden Schwerpunkt.
Anfangs tat mir nach den drei Stunden hier und da etwas im Körper weh, zum Beispiel das Fußgelenk. Aber ich habe dann zwischendurch Sotaiho gemacht und dadurch die Verspannungen und Schmerzen gelöst. Nach circa einem Monat spürte ich, das sich meine Beine beim Gehen gut und stark anfühlten, da der Schwerpunkt tief und die Konzentration automatisch unten auf den Beinen und Füßen lag.

Jetzt hatte ich Freiraum und konnte meine Aufmerksamkeit auf die Atmung richten. Ich merkte, dass beim Gehen gleichzeitig eine Brust- und Bauchatmung stattfand. Dadurch habe ich mich an Tempu Nakamuras Beschreibung vom Pranayama-ho, eine Form der Yogaatmung, erinnert und darüber nachgelesen. Folgende Punkte sind dort aufgeführt:
     1.  den Aftermuskel schließen
     2.  Schwerpunkt und Kraft in den Unterbauch legen
     3.  die Schultern entspannen

Das ist die allgemeine Beschreibung für Atmung.
Aber für die Atmung beim Gehen hat Tempu Nakamura noch weitere Punkte hinzu gefügt:

    4.  den Kopf gerade halten
    5.  die Schultern nach hinten ziehen

Auf diese beiden Punkte hatte ich bisher nicht so geachtet.
Mir ist auch aufgefallen, dass Musashi im Grunde das gleiche beschreibt. Das von ihm beschriebene „Schultern locker halten“ habe ich falsch verstanden und die Schultern locker nur gelassen. Dann haben sie sind zwar nach unten gesenkt, aber sie sind außerdem gleichzeitig nach vorne gefallen – nicht nach hinten. Wenn man die Schultern bewusst senkt, gehen sie auch nach hinten. Das hat zur Folge, dass der Schwerpunkt nach unten sinkt und sich der Aftermuskel schließt. Das zeigt, alles steht in Verbindung miteinander,  beeinflusst sich gegenseitig und ist wichtig für richtiges Gehen.
Das haben schon die alten Meister und Samurai, wie Miyamoto Musashi oder Tempu Nakamura, erkannt.

Tempu Nakamura hat außerdem für das Gehen einen Atmungrhuthmus beschrieben:
während fünf Schritten einatmen und dann fünf Schritte lang ausatmen.
Wenn dieser Rhythmus leicht zu bewältigen ist, dann kann man ihn verlängern:
acht Schritte lang einatmen, zwei Schritte lang Atem halten, acht Schritte lang ausatmen.

Bei der Übung bemerkte ich dann, dass mir diese Form der Atmung beim Gehen nicht schwer fiel. Aber vielleicht ist das auch darauf zurückzuführen, dass ich beim Gehen den Bereich des Sonnengeflechts, den Solarplexus, locker halte (Mizuochi otosu), besonders nach der Einatmung. Wenn man die Schultern nach hinten zieht und nicht darauf achtet den Solarplexus locker zu halten, dann verspannt sich die Brust. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Diese Erkenntnis von Zusammenhang und Verbindungen im ganzen Körper und die Auswirkung von einer Bewegung / Haltung auf den ganzen Körper findet sich auch in den Sotaiho-Prinzipien von Dr. Hashimoto wieder und ist Basis seiner Methode.

Wichtig ist, nicht nur einen Aspekt zu betrachten, also sich auf nur eine Anweisung zu konzentrieren, dann kann es quälend und anstrengend werden. Man muss alles zusammen sehen und auch gleichzeitig in der Praxis üben und erfahren, um es richtig zu verstehen.
Das Prinzip des Gehens ist Basis in unserem Leben und für alle Bewegungen.

Januar  2021, Kenji Hayash

Ukashi-waza
Taido-Techniken mit Ukashi

Im letzten Text habe ich ausführlich über „Mugen no furi“, die unendliche Achtbewegung, geschrieben. (s. auch Video http://youtu.be/qOHczgP-S74   https://youtu.be/33Uy6McAs3M )  
Diese Spiralbewegung ist die Basis für Ukashi. Ukashi bedeutet, dass ich meinen Partner aus dem Gleichgewicht bringe, indem ich seine Stoß-/ Schlagrichtung verändere und seinen Schwerpunkt nach oben, zum “Schweben“ = „ukashi“ bringe.

Diese Technik findet man auch im Kenjitsu oder Jujitsu, sie ist wesentlich für die Wirksamkeit. Ich denke, beim Daito-ryu Aikijujutsu meint Takeda Sokaku „Ukashi“ wenn er in seinen Büchern von „Aikyokakeru-waza“ spricht. Aber Aikyokakeru-waza war eine Geheimtechnik und wurde nicht unterrichtet. Das hatte zur Folge, dass viele diese Geheimtechnik erforschen und lernen wollten. Ich war einer davon. Nur darüber zu lesen fand ich sehr unbefriedigend.

Beim Tategi-uchi – beim Schlagen gegen den senkrechten Stamm – stellte sich für mich die Frage, woher bekomme ich Kraft für einen effektiven Schlag gegen den Stamm, bzw. wodurch kann ich mein Schwert leicht und ohne Kraftaufwand heben. Das Schlagen am Tategi war anders als das normale Schlagen mit dem Schwert. Mir wurde bewusst, dass in den Schlagbewegungen am Tategi immer eine Spirale enthalten ist. Sowohl beim Heben als auch beim Senken der Schwerts.

Ich habe dann diese spiralige Bewegung ohne Schwert, nur mit der bloßen Hand geübt und dann diese Bewegung in meine Taido-Techniken eingebracht. Das war anfangs nicht so einfach und erforderte einiges Umdenken. Aber ich habe dann gemerkt, dass bei vielen Techniken, bei denen ich vorher oft Kraft eingesetzt habe, um sie durchzuführen, das jetzt nicht mehr notwendig war. Und ich spüre, wenn man die Techniken mit dieser speziellen Spirale – also mit Ukashi – durchführt, dass man sie dann auch noch mit 80 Jahren problemlos ausüben kann.

Dieses Ukashi, über das ich jetzt schreibe, ist für mich etwas, das man üben, fühlen, selbst erfahren und erforschen muss, um es richtig zu verstehen und anwenden zu können. Zum besseren Verständnis und um es so gut wie möglich zu zeigen, habe ich die folgenden Videos aufgenommen.

Mai 2020, Kenji Hayashi

Mugen no furi   -   unendliche Achtbewegung

Wenn man einen sich schnell drehenden Gegenstand, zum Beispiel einen Kreisel, mit einem anderen Gegenstand berührt, dann kann dieser andere Gegenstand weggeschleudert oder in die Drehung hinein gezogen werden.
Damit ein Gegenstand auch wirklich starke Flieh- und Anziehungskräfte entwickeln kann, ist es wichtig, dass der sich drehende Gegenstand eine klare, in der gleichen Position verharrende Mittelachse hat. Ansonsten würde er „herumeiern“, was wir von einem Kinderkreisel her kennen.

Im Alter von 47 Jahren wurde mir diese Mittelachse im Körper sehr bewusst. Wie vorher schon mehrmals beschrieben, habe ich drei Jahre lang jeden Tag sehr viel mit der Eisenstange geübt. Während der Übungen spürte ich intensiv meinen Körpermittelpunkt und ebenso meine Mittelachse in der Bewegung. Es fühlte sich für mich wie ein „Eins werden mit der Natur“ an, wie eine Erleuchtung, wie es auch im Buddhismus / Zen  beschrieben wird.

Aus diesen Erfahrungen heraus habe ich Taido entwickelt, um meine Vorstellungen, Ideen und Erfahrungen in eigene, veränderte, neue Budo-Techniken umzusetzen. Aber ich stand jetzt vor dem Problem, wie ich meine Erfahrungen von Schwerpunkt und Mittelachse in die Techniken einfließen lassen sollte. Darum habe ich vor zwölf Jahren mit Schlagübungen gegen einen Holzstamm, den Tategi, angefangen. Die Erkenntnisse daraus haben mir einen klaren Weg aufgezeigt. Während der vielen Übungen wurde mir eine in den Schlagbewegungen inne liegende Spirale bewusst. Aus einer Hebe- und Senkbewegung mit dieser Spirale ergibt sich eine unendliche Achtspirale.

Diese spiralige Acht finde ich auch in vielen anderen Dingen wieder. Und ich finde sie bei Bewegungen mit dem Schwert, mit dem Stock und mit der bloßen Hand. Es ist nicht nötig, gegen einen Stamm zu schlagen, man kann diese Bewegung auch sehr gut mit der bloßen Hand zu Hause allein trainieren. Das möchte ich euch in den Videos zeigen.
Mugen no furi – unendliche Achtbewegung im Stehen und Gehen
https://youtu.be/33Uy6McAs3M

Erklärung zur Handhaltung und zur Fußbewegung bei der Achtbewegung
https://youtu.be/qOHczgP-S74


Mai 2020, Kenji Hayashi

Gedanken im Garten

Dort wo eine große Pflanzenvielfalt vorhanden ist, ist auch eine große Tiervielfalt zu finden. Das lässt sich auch auf den Boden (im Garten) übertragen. Sind im Boden viele Mikroorganismen enthalten, dann sind der Pflanzenreichtum und das Wachstum groß. Auch sind im Boden viele Kleinstlebewesen zu finden, die in einem lebendigen Gleichgewicht stehen. Aber wenn dieses Gleichgewicht gestört ist / wird, dann nimmt die Vielfalt ab.

In meinem Garten benutze ich keine chemischen Dünger und setze auch keine Herbizide oder Insektizide ein. Im Laufe der Zeit (ich habe den Garten jetzt seit über 20 Jahren) hat sich der ehemals sehr sandige und karge Boden in einen nährstoffreichen Mutterboden verwandelt, in dem viele Pflanzen gedeihen. Es wachsen aber auch viele Unkräuter, die ich zum Teil herausreiße oder mit dem Spaten unterarbeite, um Platz für meine Samen und Pflanzen zu bekommen.
Die Wurzeln dieser unerwünschten Kräuter wachsen in die Tiefe und Breite, aber ich kann diese Pflanzen meist leicht herausziehen. Das zeigt mir, dass der Boden weich und locker ist. Ich denke, dass bei meinem Gartenboden eine gute Durchlüftung* vorhanden ist. Diese wirkt sich wiederum positiv auf die Bodenaktivität aus.
Das heißt also, wenn der Boden hart und fest ist, ist es notwendig ihn zu lockern und zu belüften.

Für mich liegt es nahe, einen Vergleich zum menschlichen Körper zu ziehen. Wenn der Körper hart und steif ist, dann ist auch der Gasaustausch erschwert (keine gute Durchlüftung vorhanden), also der Sauerstoffgehalt gering. Ebenso sind bei einem harten Körper die Durchblutung und auch der Ki-Energie-Fluss gehemmt.

In dem lockeren, weichen Boden gedeihen die Samen und Pflanzen, die ich dort hineinsetze gut. Falls ich aber chemischen Dünger oder Unkrautvernichter einsetzen würde, würde ich das Gleichgewicht stören, mit verschiedenen negativen Folgen. Zum Beispiel könnten die Mikroben absterben und damit der Boden verarmen. Ich möchte aber, dass mein Garten eine natürliche Vielfalt aufweist.

Die gleichen Gedankengänge sind für mich auch beim Taido gültig. Für mich ist es elementar, meinen Angreifer / Partner nicht mit Gewalt und Kraft (Unkrautvernichter) zu etwas zu zwingen oder gar ihn zu verletzen. Dann sind Techniken nicht mehr natürlich und im Gleichgewicht. Für mich ist eine Technik „lebendig und natürlich“, wenn ich Ukashi und Kuzushi einsetzte, so dass ich dem Partner keine Schmerzen zufüge bzw. die Technik nicht mit Gewalt durchsetze. Ich möchte den Partner in eine positive Richtung führen – mit spiraligen, achtförmigen Bewegungsformen, die ich auch in der Natur finde.

Das Gemüse, das ich aus meinem Garten ernte und esse ist ein besonderer Genuss und vermittelt mir ein gutes Gefühl. So ein Gefühl möchte ich auch meinem Angreifer / Partner zukommen lassen.

Mai 2020, Kenji Hayashi

https://hypersoil.uni-muenster.de/0/03/05.htm:   Zwischen Bodenluft und Atmosphäre findet ein permanenter Gasaustausch statt, den man auch als " Bodenatmung" bezeichnet.

Atmung
Die Bedeutsamkeit der tiefen Atmung

Bei Stress, Kummer, Ärger, Angst usw. wird unsere Atmung oft flach, schwach oder auch hektisch. Ich denke, jeder hat diese Erfahrung schon gemacht. Aber wie ist es möglich, aus so einer „Atem-Situation“ wieder herauszukommen und eine ruhige, tiefe Atmung zu erlangen? Die Antwort ist leicht: einfach anfangen tief und ruhig zu atmen. Dann bekommt man seine Gefühle und Emotionen besser in den Griff und fühlt sich auch schnell besser. Diese Erfahrung hilft auch die Bedeutung der Atmung zu verstehen. Dabei ist es wichtig, mit einer tiefen Ausatmung zu beginnen. Es wird immer gesagt: “Bitte tief einatmen“. Aber das ist schwierig. Bevor ich tief einatmen kann, ist es notwendig gut auszuatmen!

Je mehr ich ausatme, desto mehr frische Luft kann ich anschließend einatmen.

Wenn ich nur wenig ausatme, kann ich dementsprechend nur wenig neue Luft einatmen und es findet dann auch nur ein geringer Gasaustausch statt. Wie ist es am besten, durch den Mund oder die Nase ein- und auszuatmen? Am besten ist es durch die Nase einzuatmen und durch Mund oder Nase auszuatmen. Wenn man durch den Mund einatmet, ist es schwer bis tief nach unten zu atmen. Die Atmung ist kurz und flach. (Probiert es mal aus.)

Weiterhin ist bei der Atmung auch die Haltung bedeutsam. Das Kreuz soll gerade stehen und der Schwerpunkt tief liegen. Ist die Haltung krumm, kann der Atem nicht nach unten in den Bauch fließen, er bleibt flach.

Bei einer langen Ausatmung entsteht im Bauch eine Spannung, die sich mit wachsender Länge der Ausatmung verstärkt. Gleichzeitig schließt sich der Aftermuskel. Hört man mit der Ausatmung aus, lockert sich der Bauch und frische Luft fließt automatisch in den Körper. Je mehr Luft in die Lungen fließt / man einatmet, desto mehr drückt die Lunge das Zwerchfell nach unten und der Bauch wird dick. Jetzt kann man den Atem „nach unten schicken“, dabei fließt etwas Luft nach außen. Anschließend beginnt man langsam und ruhig auszuatmen. Noch mehr Erlärungen dazu werden im Video gezeigt:  
Erklärungen zur Atmung, Teil I    http://youtu.be/UK8q6tFVvSM   

Erklärungen zur Atmung, Teil II     http://youtu.be/qX0g9NBrsks

Ich habe im Ichi-ku-kai-Dojo Misogi-Atmung geübt. Das ist eine sehr traditionelle Atmung Wie diese Misogi-Atmung genau durchgeführt wird, davon gibt es keine Aufzeichnungen, man muss es durch viel Üben selbst erfahren.
Erklärungen zum Misogi     https://youtu.be/YpWddchTMpU
(Weitere Erlärungen zu Misogi siehe Video https://youtu.be/xZK-PG1dFS4 - bei allein-üben, Link 3.)

Außerdem habe ich bei Dr. Hiromasa Muraki  Chowado-Atmung gelernt. Als gelernter Arzt hat er die Atmung auch auf medizinischer Basis erklärt. Leider konnte ich nur kurze Zeit bei ihm lernen, da ich nach Deutschland gezogen bin. Ich habe mich aber weiterhin mit Chowado beschäftigt und mehrere Bücher von Dr. Muraki gelesen. Seine Erklärungen habe ich aber erst richtig verstanden, als ich angefangen, habe, am Tategi mit dem Schwert zu schlagen. Da habe ich genau gefühlt, dass der Zwerchfellmuskel im Mittelpunkt steht und sich von dort die Atembewegung weiter ausbreitet und weitergeht zu Bauch-, Po-, Becken-, Rückenmuskeln, zum Aftermuskel u.a. Das bedeutet, alle Muskeln arbeiten / bewegen sich bei der Atmung mit.

Atmung ist eben nicht nur ein Gasaustausch, sondern beinhaltet viel Muskelbewegungen im Körper. Dadurch wird die Durchblutung aktiviert und das vegetative Nervensystem ins Gleichgewicht gebracht und gestärkt. Deshalb hat eine gute, tiefe Atmung eine positive Auswirkung auf Körper und Geist.

Atmung bewirkt eine gesunde Lebenskraft und ist damit ebenso eine Unterstützung für das Immunsystem.

Kenji Hayashi, 25. April 2020

Meguri-te  -  kreisend-bewegende Hand
Einsatz und Bewegung der Hand beim Taido

Wie im vorhergehenden Text (Suriashi) ausführlich beschrieben, ist die richtige Körper- und Fußhaltung die Basis unserer Körperbewegung, das Fundament. Darauf aufbauend möchte ich jetzt die Haltung und Bewegung der Hand beim Taido erläutern.

Ich habe schon öfters über meine Erfahrungen beim Schwertschlagen gegen den Tategi – einen senkrecht stehenden Baumstamm geschrieben. Ich mache das jetzt seit 12 Jahren, fast jeden Tag. Aus den Erfahrungen, die ich dabei gemacht habe, habe ich Meguri-te entwickelt.

Es wird von Samurais berichtet, die jeden Tag morgens und abends 3000 Mal und nachmittags noch 8000 Mal Schlagübungen durchgeführt haben. So viel habe ich nicht geschlagen, aber 2000 – 5000 Mal pro Tag habe ich doch gegen den Tategi geschlagen.   (Video: Tategi-uchi   https://youtu.be/hXUfHmTokfE )

Dabei sind die verschiedensten Probleme, Überlegungen und Fragestellungen aufgetaucht mit denen ich mich intensiv auseinandergesetzt habe. Vor ca. drei Jahren hat sich vieles für mich geklärt und ich habe angefangen meine Erkenntnisse an meine Schüler weiterzugeben.

Jetzt ist für mich das Schwertschlagen immer mit einer Spirale verbunden: Beim Schwerheben führt die Hand mit dem Schwert eine Spiralbewegung aus, ebenso beim Schlag nach unten. Beim Auftreffen ist die Klinge dann in der senkrechten Position. Das Handgelenk führt die Spiraldrehung aus, es muss dabei ganz locker gehalten werden. Diese Drehung und das feste Umschließen des Schwertgriffs mit dem Kleinen Finger ist ein wichtiger Bestandteil der Bewegung.
Beim Heben und Senkenden Schwertes in Verbindung mit der Handgelenksdrehung entsteht eine senkrechte „Acht“, eine unendliche Achtbewegung, die Möbiusschleife.

Video:  Meguri-te    https://www.youtube.com/watch?v=ftLSKAcCHJ0

Bei dieser Art des Schlagens mit Spiralbewegung findet durch die Drehung ein ständiger Wechsel von Anspannung und Entspannung der Armmuskeln statt. Dadurch werden die Durchblutung und die Funktion der Nerven- und Muskelstränge usw. angeregt. Und demzufolge sind die sich ständig wiederholenden Bewegungsabläufe beim Schlagen nicht so ermüdend.

Dieses Prinzip habe ich natürlich auch auf die Bewegungen und Techniken ohne Schwert, also auf Techniken mit bloßer Hand, übertragen. Infolgedessen haben sich meine Bewegungsabläufe beim Taido verändert. Dadurch hat sich Ukashi / Kuzushi, den Partner zum Schweben und aus dem Gleichgewicht zu bringen, weiter entwickelt und ist stärker in den Vordergrund gerückt.
(siehe Text weiter unten:  Kuzushi - aus dem Gleichgewicht bringen)

Auf Grund dieser Erfahrungen habe ich nochmal im „Das Buch der fünf Ringe"  Musashis Beschreibung über das Halten des Schwertes gelesen, da seine Darstellung mit meinen Erfahrungen übereinstimmt.

Musashi schreibt:
Der Daumen und der Zeigfinger umschließen den Schwertgriff gefühlsmäßig nur ganz sanft und leicht. Der Mittelfinger soll dabei nicht locker zufassen, aber auch nicht fest. Die Absicht das Schwert zu umfassen, bzw. mit der Hand zu halten, diese Absicht soll nicht da sein. Man soll das Schwert absichtslos halten und immer so halten als ob man ständig in einem „Zustand des Schneidens“ ist.
Das heißt, die Absicht soll sich nicht auf einen auf einen Punkt fixieren (Zum Beispiel: „Ich umfasse jetzt das Handgelenk und halte fest.“) Alles muss fließend sein. Eine „harte Hand“ ist eine „tote Hand“. Eine weiche Hand ist eine „lebende Hand“. Das bedeutet, wenn man das Schwert in der Hand hat, es fasst, dann muss sofort ein „Zustand des Schneidens“ entstehen. Die Ellenbogen sollen nicht zu stark durchgedrückt werden, aber auch nicht angewinkelt sein. Bei dieser richtigen Art des Fassens, bei der Kleiner Finger und Daumen den Schwertgriff fassen, sind die obenliegenden Muskeln des Unterarms locker und die untenliegenden Muskeln gespannt. Das Schwert kommt in einen „Zustand des Schneidens“. In diesem Zustand können sich Hand und Schwert schnell und ohne Verzögerung bewegen. Das ist eine „lebende Hand“.
Wenn aber der Zeigefinger (mit Daumen) zu fest hält, dann sind die oberen Muskeln angespannt. Diese Anspannung geht bis in die Schulter hinein. Die Hand ist unbeweglich.

Das ist gleichermaßen auf „Meguri-te“ beim Taido zu beziehen, die Hände sollen sich fließend nach rechts, links, spiralig bewegen ohne zu stoppen. Und es ist genauso auf das „Gehen“ (siehe Text Suriashi) zu beziehen: Beine und Füße sollen immer in einem „Zustand des Gehens“ sein.
Letztlich sollen sich Hand und Fuß harmonisch zusammen bewegen und somit der Körper in einem „Zustand der Bewegung“ sein.

April 2020, Kenji Hayashi
(nach bestem Wissen und Gewissen übersetzt von Ulla Hayashi)

Suriashi  -  das Gehen

Suriashi – bezeichnet eine spezielle Form des Gehens, auf Grund dessen der Körper stressfrei agieren kann.

Die ersten zehn Monate seines Lebens befindet sich der Mensch im Bauch der Mutter. In der ersten Phase seines Lebens, nach der Geburt, liegt er. Danach fängt er an zu krabbeln, richtet sich anschließend auf und beginnt zu laufen. Dieser Ablauf ist im Körper verankert und braucht nicht erlernt zu werden. Je älter der Mensch wird, desto mehr fangen die „Laufstile“ an sich zu unterscheiden. So gibt es Menschen, die gehen ruhig und bedächtig, andere wiederum hastig und schnell oder auch schwankend usw. Es entwickeln sich vielleicht X- oder O-Beine oder andere Fehlstellungen. Diese Fehlstellungen der Beine / Füße setzen sich durch den ganzen Körper fort und beeinflussen ihn. Es können Beschwerden auftreten und sich dadurch eine unterschiedliche Lebensqualität entwickeln.

Um dem entgegen zu wirken, haben sich die Samurai mit dem richtigen Gehen auseinandergesetzt und „Gesetzmäßigkeiten für das Gehen“, bzw. eine „Geh-Etikette“ entwickelt. Aber nicht nur in Bezug auf das Gehen, sondern auch damit in Verbindung stehend, Regeln für eine richtige Haltung, für das Verbeugen, Knien, usw.  Diese Etikette / Haltung hat Eingang gefunden in Teezeremonie, Ikebana, Shodo, traditionellen Tanz und Theater. Sie soll bewirken, dass der Körper im Gleichgewicht ist, der Körperschwerpunkt tief liegt und der Körper gut und effektiv bewegt werden kann.
Basisbestandteil dieser Etikette ist die richtige Haltung und das Gehen.

Der Kendo-Lehrer Shigeyoshi Takano, der vor ca. 140 Jahren gelebt hat, war zu seiner Zeit der höchste Danträger (10. Dan). Er war ein urkundlich anerkannter Lehrmeister (Sōke) des traditionellen Ittō-ryū-Kendo.
In seinem Buch, das er gegen Ende seines 81-jährigen Lebens geschrieben hat, führt er folgendes auf:

Beim Gehen (nicht nur beim Kendo sondern auch im Alltag) soll kein Laut zu hören sein, ebenso beim Vorwärtslaufen, Springen und Schlagen. Der Angreifer soll sich dem Partner leise nähern (mit einer Gehbewegung) und dann mit dem richtigen Abstand, ohne Sprung, zuschlagen.

Das ist in der Realität aber nicht so einfach auszuführen. Beim Kendo ist es wichtig, diese traditionelle Etikette / Haltung gleich am Anfang als Basis zu erlernen, sonst ist es nicht möglich ein gutes Kendo (oder auch eine andere Kampfkunst) mit wirksamen Techniken auszuüben.

Das Gehen von Shigeyoshi Takano soll sehr leise und ruhig gewesen sein, auch in seinem Alltag, wie zum Beispiel beim Treppengehen.
Shigeyoshi Takano ist in einem traditionellen Haushalt nach alter japanischer Sitte und Etikette und mit Kendo-Tradition aufgewachsen. Dadurch hat er dieses Verhalten schon als Kind in sich aufgenommen.

Wie soll Suriashi ausgeführt werden? In Japan ist Suriashi ein fester Begriff, aber eine genaue Beschreibung habe ich lange nicht gefunden. Sowohl beim Judo, Aikido und auch beim Kendo wird viel von Suriashi gesprochen, aber es findet sich nirgendwo eine genaue Erklärung oder Anweisung.

Ich habe in verschiedenen Texten Beschreibungen vom „richtigen Gehen“ und der „richtigen Haltung“ gefunden, aber der Begriff Suriashi wurde dabei nicht verwendet.

Aber ist das gleichzusetzen mit Suriashi? Diese Frage hat mich sehr beschäftigt.

Aber in einem Buch über „ Kashima Shinden Jikishinkage-ryū“, einer alten japanischen Kunst der Schwertkampfes, die ca. Mitte des 16. Jahrhunderts begründet wurde, habe ich eine Erklärung gefunden.
In dem Buch steht, dass Suriashi auf einer richtigen Haltung und auf richtigem Gehen basiert. Suriashi wird dort folgendermaßen beschrieben:

Es werden nur die Zehen angehoben, nicht der ganze Fuß, und dann wird der Fuß nach vorne geschoben. Das wird als die richtige Art der Fußbewegung bezeichnet.

Diese Art des Gehens habe ich auch schon vorher für mich allein geübt und auch in mein Training einfließen lassen. Beim Üben habe ich gespürt, dass bei dieser Art des Gehens mein Becken und mein Schwerpunkt fest und stabil sind.

Was passiert aber mit dem hinteren Fuß während der andere Fuß nach vorne geschoben wird? Dies war die nächste Frage, die sich mir stellte. Ich habe aber nirgends eine Beschreibung gefunden. Darum möchte ich jetzt ausführen, was ich bei meinen vielen Übungen gespürt habe.

Während ich den Fuß mit den angehobenen Zehen nach vorne schiebe, verlagert sich der Schwerpunkt des hinteren Fußes, von der Ferse über die Zehen, hin bis zum Großen Zeh. Dabei wird der Große Zeh nicht gestreckt, sonst würde das Fußgewölbe verloren gehen, also flach werden. Ich spüre dann, dass sich mein Großer Zeh in dem Moment in den Boden „krallt“. Dadurch wird mein Gehen sehr schnell und gleichzeitig spüre ich eine Spannung im Bauch und das Kreuz ist aufgerichtet zu einer geraden Haltung. Für mich gehört das alles zusammen und charakterisiert Suriashi.

Beim Schlagen gegen den senkrechten Stamm (Tategi-uchi) gibt es folgende Übung: Man steht etwa zehn Schritte vom Stamm entfernt, nähert sich mit schnellen Schritten, macht dann einen größeren Schritt zum Stamm hin und schlägt danach zu. Dieser größere Schritt ist wirklich ein Schritt und nicht ein Sprung, so wird es auch unterrichtet. Ich denke, dass das auch mit Suriashi ausgeführt wird, auch wenn es nicht so bezeichnet wird.  
https://www.youtube.com/watch?time_continue=38&v=2TPdhSC3SCU&feature=emb_logo

Ich möchte jetzt noch auf „Das Buch der fünf Ringe“ von Miyamoto Musashi (1584 – 1645) eingehen. In dem Buch schreibt Musashi ausführlich über Gehen und Haltung.

Musashi hat im Alter von 13 – 29 Jahren über 60 Kämpfe bestritten, sowohl mit Holzschwert als auch mit echtem Schwert und immer gewonnen. Ab 30 fing er an zu reflektieren, worauf seine Siege zurück zu führen waren. War er so geschickt oder waren seine Gegner so schwach? Über 20 Jahre hat er sich mit dieser Frage auseinander gesetzt. Dann, im Alter von ca. 50 Jahren, beschloss er das Schwert abzulegen und es nicht mehr bei sich zu tragen. Das war mit einer gewissen Gefahr verbunden, da er sich durch seine Siege natürlich auch Feinde schaffen hatte, so dass er immer auf der Hut sein musste. Aber er empfand, dass der Alltag sein Lehrmeister war und er aus jeder Situation etwas lernen konnte.

Er begann dann „Das Buch der fünf Ringe“ zu schreiben, um seine Erfahrungen weiter zu geben. Dort hat er auch ausführlich über Haltung, Fußbewegung und über das Schwert, wie man es hält und schlägt, geschrieben. Haltung und Gehen ist die Basis jeder Kampfkunst. Oft sind für richtige Haltung und Gehen zuerst einmal feste Angewohnheiten und Bewegungsmuster abzulegen.

Musashi beschreibt eine richtige Haltung folgendermaßen:
Der Kopf soll nicht nach oben, gesenkt, schräg oder zwischen den Schultern eingezogen gehalten werden. Da der Kopf sehr schwer ist, ungefähr 7 Kilogramm, kann sich dieses große Gewicht bei einer schlechten Kopfhaltung auf die Funktion von Augen, Ohren und Nase auswirken.
Es kann auch zu Beschwerden / Fehlstellungen der Halswirbelsäule, Schultern und Schulterblätter und der Wirbelsäule führen.

So sagt Musashi auch:
-  Die Achse des Nasenrückens soll gerade gehalten werden und das Kinn ganz leicht nach vorne gestreckt werden, aber nicht zu viel. (Wenn man z.B. müde ist, dann streckt man oft das Kinn nach vorne.)
Musashi erklärt, dass der Kopf durch die Nackenmuskeln nach hinten gezogen und damit gerade gehalten werden soll.

Wie wichtig eine gute Kopfhaltung ist, kann man ganz leicht ausprobieren, in dem man z. B. bei einer schrägen Kopfhaltung versucht tief einzuatmen. Das ist sehr schwierig.
-  Die Augen sollen ruhig sein, es soll nicht ständig geblinzelt werden, sondern die Augen sollen ganz leicht schmaler gemacht werden.

-  Die Stirn soll nicht in Falten und die Augenbrauen nicht zusammen gezogen werden.
-  Außerdem soll man darauf achten, dass die Schultern gleich hoch, also in Waage und gleichzeitig locker und entspannt sind. Der Rücken soll aufgerichtet, das Kreuz gerade sein. Durch diese Körperhaltung wird eine stabile Säule aufgebaut, auf der der Kopf stabil und fest sitzt.

Wenn das Kreuz gerade ist, zeigt der Bauch nach vorne und es entsteht eine Spannung im Unterbauch. Er wird dadurch zum Mittel- und Schwerpunkt des Körpers.

-  Das Gesäß soll nicht herausgedrückt werden. Das heißt aber nicht, dass das Gesäß bewusst flach gehalten werden soll. Denn wenn das Kreuz gerade steht, der Unterbauch gespannt ist, dann zeigt das Gesäß automatisch nach außen, aber nicht so viel, dass der Oberkörper nach vorne vorgebeugt ist. Es entsteht so eine schöne doppel-S-förmige Kurve der Wirbelsäule.
-  Die Kraft soll in den Füßen und nicht in den Knien liegen und gleichmäßig auf beide Füße verteilt sein.

Diese Haltung bewirkt, dass der Schwerpunkt vorne bei den Zehenballen liegt. Sie sollte man auch beim Sitzen, Im Seiza, beim Essen usw. einnehmen.

Ich empfinde, dass Musashi eine besondere Gabe hatte, der Einheit des Körpers und der Körpergesetze gewahr zu werden und das Innere des Körpers zu sehen und zu verstehen.

Er hat ebenso die Fußbewegung genau beschrieben:
Beim Gehen sollen nur die Zehen leicht angehoben werden, nicht der ganze Fuß. Die Ferse bleibt auf dem Boden.
Wenn man z. B. mit dem linken Fuß nach vorne geht, verlagert sich der Schwerpunkt des rechten Fußes auf die Zehen, der Schwerpunkt vom linken Fuß liegt dann auf der Ferse. Beim Gehen findet dann ein ständiger Schwerpunktwechsel statt, egal, ob große oder kleine, schnelle oder langsame Schritte. Für diese Art des Gehens ist eine aufrechte Körperhaltung Voraussetzung.

Für mich entspricht Musashis Beschreibung vom Gehen der Charakteristik von Suriashi, obwohl er den Begriff nicht benutzt.

Seine Darstellung von Haltung und Gehen sollte man im Alltag und auch beim Schwertschlagen anwenden. Wenn man Musashis Beschreibung von Haltung und Gehen nur partiell betrachtet, ist es schwer zu verstehen und auszuführen. Nur als Gesamtheit ist es machbar, da eins vom andern abhängt.

April 2020, Kenji Hayashi
(nach bestem Wissen und Gewissen übersetzt von Ulla Hayashi)

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Vorhaben für das Jahr 2020
Kuzushi - aus dem Gleichgewicht bringen

Der körperliche Unterschied zwischen den Menschen kann entscheidend sein für Sieg oder Niederlage. Aber auch körperlich große und starke Menschen können von kleinen und schwachen Personen besiegt werden. Das ist natürlich nicht so einfach, aber es gibt verschiedene Beispiele dafür. Zum Beispiel gab es den sehr berühmten, schon legendären Judomeister Kyūzō Mifune. Auf Videos ist zu sehen, wie er als „alter, schwacher, kleiner Mann“ große und starke Angreifer wirft. Seine Bewegungen und Techniken sehen dabei ganz einfach und natürlich aus.

In seinem Buch habe ich gelesen, dass Kuzushi, den Partner aus dem Gleichgewicht bringen, die Basis seiner Techniken ist. Denn wenn der Partner aus dem Gleichgewicht gebracht worden ist, dann können die verschiedensten Techniken gut und präzise angewendet werden, da der Partner einen wackeligen Stand hat. Ohne Kuzushi ist keine Technik wirksam durchführbar.

Daitō-ryū Aiki-jūjitzu ist die Vorstufe von Aikido. Takeda Sōkaku, ein berühmter Lehrer des Aiki-jūjitsu hat gesagt:
„Ohne ‚Aiki‘ ist eine Technik wirkungslos. Denn ohne dass die Energie von Angreifer mit der eigenen zusammen geführt wird, wirken Techniken nicht. Sonst könnte ich mit meinen 80 Jahren, meiner kleinen Körpergröße und ca.50 kg Gewicht nicht einen großen, schweren Mann werfen.“

Ich glaube, mit „Aiki“ hat Takeda Sōkaku „Kuzushi“ gemeint.In der alten Schwertkunst haben die drei großen Meister Tsukahara Bokuden, Kamiizumi Ise-no-kami und Yamaoka Tesshu auch über Kuzushi geschrieben. So hat zum Beispiel Yamaoka Tesshu gesagt, dass Kuzushi notwendig ist, um einen Angreifer das Schwert (mit bloßer Hand) abzunehmen.

Auch in der japanischen Mythologie, im Kojiki-Buch, wird über Kuzushi berichtet. Das Kojiki, Aufzeichnung alter Geschehnisse, beschreibt die Mythologie und Frühgeschichte Japans, die Entstehung des japanischen Kaiserhauses und die japanische Reichsgeschichte. In diesem Buch wird auch über Tegoi, eine sehr alte Kampfart, berichtet:

Der Gott Takemikazuchi no kami fordert von dem Gott Takeminakata no kami, der auf der Erde lebt, Land zurück. Er steckt zwischen sich und dem Erdengott Takeminakata no kami  ein Schwert mit dem Griff in die Erde und erreicht während eines Gesprächs, dass ihm das das Land zugesprochen wird.

Ich denke, das war „Kokoro no Kuzushi“, ein geistiges aus dem Gleichgewicht bringen. Kuzushi wird aber nirgends genauer erklärt oder als „Technik“ unterwiesen. Bei meinen 10-jährigen Schwert-Schlagübungen (am Stamm) habe ich gespürt, dass eine Technik besonders effektiv ist, wenn ich jede Bewegung kreis- bzw. spiralförmig ausführe. Ich denke, dass das Kuzushi ausmacht, dass das Kuzushi ist.

Ich möchte nicht, dass es ein Geheimnis bleibt, sondern ich möchte das mit euch zusammen üben.

Januar 2020, Kenji Hayashi

 

Budo und Atmung   -  Vortragstext bei der Vorführung im Stadtpark

Beim Budo steht für mich nicht Siegen oder Verlieren im Vordergrund. Viel wichtiger ist es, seinen Körpermittelpunkt, japanisch „hara“ genannt, zu finden und sich aus dieser Mitte heraus zu bewegen. Dafür sind Atemübungen ganz wichtig, bzw. sie sind eine gute Methode, um diese Mitte zu finden und zu stärken.
Auch für ein gesundes Leben ist eine gute Atmung ausschlaggebend – das vergessen wir oft.

Eine traditionelle Übung im japanischen Budo ist  „Suburi“  - mit dem Schwert schlagen.  Dabei wird nicht nur das Schlagen geübt, sondern gleichzeitig wird auch die Atmung entwickelt und gestärkt. Suburi – das Schlagen mit dem Schwert – wird heute noch in der gleichen Art und Form geübt wie auch schon früher und sieht sehr einfach aus. Aber wenn man diese schlichte Übung jeden Tag 100- oder 1000-Mal oder auch mehr macht, so spürt man eine deutliche Entwicklung von hara – der Körpermitte.
So wird besonders der Beckenbereich gestärkt, ebenfalls übt man einen stabilen Stand und festen Griff. Dadurch ist Suburi, das Schwert-Schlagen, eine gute Grundlage für alle Budotechniken. Die Techniken werden so effektiv und lebendig.

Aber nicht nur die Körpermitte und die Muskeln entwickeln sich, sondern wie schon gesagt, die Atemkraft  „Kokyuryoku“  wird durch das viele Üben auch gestärkt. Die Atmung wird kräftig, tief und lang. Ein Budo, bzw. Techniken ohne Atemkraft sind nicht so wirkungsvoll, sie sind unvollendet.

Worauf beruht Atemkraft? Einfach erklärt: bei guter Atemkraft wird das Zwerchfell bei seinen Bewegungen (die das Ein- und Ausatmen bewirken) wirkungsvoll von den Bauch-, Becken- und Rückenmuskeln unterstützt. Dadurch wird die Atmung stark und effektiv, man kann von einem starken Mittelpunkt – starkem hara – sprechen.

Die Atmung ist ebenfalls für unsere Gesundheit bedeutsam: Bei einer kraftvollen, tiefen Atmung findet ein guter Gasaustausch statt. Damit wird die Durchblutung angeregt und gleichzeitig werden durch die intensive Zwerchfellbewegung auch die Bauchorgane massiert. Ebenso wird auch das Vegetative Nervensystem angeregt. Das wiederum hat Auswirkungen auf unsere Stimmung, unsere Laune. Eine gute Atmung wirkt sich also positiv auf unser Gemüt aus!  Ärger, Angst und Stress werden abgebaut und unsere Stimmung wandelt sich zum Positiven, zu einer friedlichen, harmonischen Stimmung.

So eine seelische Verfassung ist eine wichtige Voraussetzung um ein gutes Budo zu praktizieren. Denn wir leben dann in Einklang mit unserem Körper und Geist
Das bedeutet traditionelles jap. Budo – so wie ich es verstehe und unterrichten möchte und auch bei dieser Vorführung hier zeigen möchte.

August 2016, Kenji Hayashi

                                                                nach oben zum Seitenanfang

 

Schwert und Atmung

Es gibt viele verschiedene Budokünste. Wenn man sie verallgemeinernd betrachtet, wird ersichtlich, dass das Schwert im Mittelpunkt steht. Demzufolge kann man sagen, wenn man die Gesetzmäßigkeit und Kunst des Schwertschlagens versteht, also den „Weg des Schwertes geht“, dann versteht man Budo.
Das Schwert ist zwar eine Waffe, mit der Menschen getötet werden können, aber das ist nicht im Sinne des Budos. Durch intensives, ernsthaftes und gewissenhaftes Üben wird die Schwertkunst zu einem Weg, um sich, den Körper und Geist-Seele zu verstehen und zu verbinden. Ein Weg, um die Natur und die Energie des Universums zu erfassen.
Ich denke, es war auch schon früher für die Menschen ein Weg, um zur Erleuchtung zu gelangen. Darum ist das Schwert seit alters her ein heiliger Gegenstand. In vielen Schreinen werden Schwerter aufbewahrt und verehrt. So hat auch heute noch in Japan das Üben mit dem blanken, scharfen Schwert den Ruf, ein Weg zu Klarheit, Reinheit und Erleuchtung zu sein.

Durch Schwertschlagen wird geübt, eine gute Körperhaltung einzunehmen. Gleichzeitig werden durch die Übungen Geist und Seele geschult, so dass man kann sich selbst besser kontrollieren kann. Dabei ist die Atmung das Verbindungsglied zwischen Körper und Geist. Auf Grund dessen kommt der Atmung eine große Bedeutung zu, und sie spielt eine wichtige Rolle für eine korrekte Ausführung einer Budotechnik.

Die Atmung hat nicht nur die Aufgabe Sauerstoff dem Körper zuzuführen und CO2 wieder aus dem Körper zu leiten. Sie ist auch ausschlaggebend für die Kraft in Bauch- und Beckenbereich. Bei der Atmung findet eine Bewegung des Zwerchfells statt. Diese Bewegung wirkt sich auf viele Muskeln und damit auf die Kraft von Bauch, Becken und Rücken aus; auch auf die Beckenbodenmuskeln und den Aftermuskel. Im Japanischen gibt es für die Unterbauchkraft den Begriff „hara no chikara“. Beim Schwertschlagen ist ein Zusammenspiel mit dieser Kraft und der Arm- und Handhaltung (am Schwertgriff) sowie der Bein- und Fußhaltung und der Fußbewegung entscheidend für die Wirksamkeit einer Technik.
Der richtige Einsatz von Atmung in Zusammenhang mit Kraft und Bewegung ist als eine Körper-Geist-Seele - Übung anzusehen, die dem eigenen Selbst eine Weiterentwicklung ermöglicht. Das beschreibt auch Musashi in seinem „Buch der fünf Ringe“ und auch Yamaoka Tesshu in seinen Büchern.

Vor mehr als sechs Jahren habe ich angefangen, gegen einen senkrecht stehenden Holzstamm zu schlagen. Ich habe dabei festgestellt, dass anders als bei „Schlägen in der Luft“, sehr schnell eine Rückmeldung von den Fehlern, die man macht, kommt. Meistens zeigen sie sich durch Schmerzen und Verspannungen in Schultern oder Rücken, Arm und anderem. Aber dadurch wird man auf seine Fehler aufmerksam. Der Holzstamm wird so zu einem Lehrer, der sagt, wie gut oder schlecht die Schlagübungen sind.

Vor ca. 3 Jahren ist mir durch viel vorangegangenes Üben klar geworden, wie ich richtig schlagen muss. So übe ich jetzt intensiv jeden Tag, ohne dass ich Körperprobleme bekomme. Dabei ist mir in letzter Zeit bewusst geworden, dass das Schlagen gegen den Holzstamm gleichzeitig eine sehr gute Atemübung ist. Bei jedem Schlag atme ich intensiv aus, egal ob ich den Schlag mit oder ohne laute Stimme ausführe. In jedem Fall stärke ich dadurch meine Atemkraft.

Dieses Schlagen bewirkt einen Kumbahaka-Zustand, wie ihn Tempu Nakamura beschrieben hat (Kumbahaka siehe auch Text unten und Kenjis Themen Teil 1). Beziehungsweise es entsteht ein „Flaschenkürbisbauch“, wie Hakuin Zenji ihn in seinen Texten beschreibt.
Solch ein Bauch bildet sich, wenn sich bei der Ausatmung das Zwerchfell nach unten bewegt. Dadurch wölbt sich der Unterbauch etwas vor, er wird dick, und der Aftermuskel schließt sich. Der Bauch ist dann rund und fest - wie ein Kürbis. Dabei ist es auch ganz wichtig, den Bereich oberhalb, das Sonnengeflecht (Mizuochi), zu lockern und zu entspannen, so dass dort eine Kuhle entsteht. Von der Seite gesehen ergibt sich dann die Silhouette eines "Flaschenkürbisses“. Körperlich gesehen werden durch die Atembewegung auch die Bauchorgane gestärkt, da die Durchblutung angeregt wird. Ohne diesen „Flaschenkürbisbauch“, bzw. Kumbahaka-Zustand entstehen beim Schlagen auf den Holzstamm Probleme im Körper.

Es ist natürlich auch möglich, diese Atmung ohne Schwert zu üben. Ob mit oder ohne Schwert, wichtig ist dieser Körperzustand. Er stärkt mich, macht mich lebendig und hält mich gesund. Außerdem bewirkt diese Atmung eine positive Lebenseinstellung, durch die sich seelische Probleme lösen. Die Körperbewegungen werden lebhaft und beschwingt. Darum mache ich jeden Tag meine Schlagübungen.
Diese Atmung ist für mich auch wichtig beim Taido-Training und auch im täglichen Leben.

Juli 2016, Kenji Hayashi
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Taido und Sotaiho

Ich habe vor 15 Jahren mit Shizen-Taido begonnen. Davor habe ich Aikido unterrichtet. In meinem jetzigen Taido, in den Techniken und im Gedankengut, sind die Prinzipien von Sōtaiho fester Bestandteil. Für mich sind die Grundsätze von Sōtaiho die Basis von allen Kampfkünsten. Und diese Basis möchte ich unterrichten.
So ist der Sōtaiho-Gedanke, dass für eine richtige und gesunde Atmung, Bewegung, Ernährung und Lebenseinstellung, jeder persönlich für sich selbst die Verantwortung trägt, auch für Budokünste typisch.

Dr. Hashimoto, der Begründer der Sōtaiho-Methode, hat sich intensiv mit den natürlichen Bewegungsgesetzen des Körpers auseinandergesetzt. Auf seinen Beobachtungen und Erfahrungen basiert das Prinzip: Verspannungen und Knochenfehlstellungen werden abgebaut, wenn Bewegungen zur angenehmen Seite/Richtung ausgeführt werden.
Bei seiner Krankenhaustätigkeit hat Dr. Hashimoto festgestellt, dass bei einem schiefen Körper, also bei Fehlstellungen im Knochenskelett, auch immer Muskelverspannungen und Muskelverhärtungen vorhanden sind. Diese üben einen Druck auf Blutgefäße und Nerven aus, so dass dadurch der Blut- und Energiefluss eingeschränkt ist.

Das zeigt sich ebenso bei Budokünsten, wenn die Techniken mit Muskelkraft ausgeführt werden. Sie sind dann nicht so wirksam und effektiv, denn durch den Krafteinsatz sind die Muskeln hart und fest, und ebenso wie verspannte Muskeln, üben harte Muskeln auch einen Druck auf die Gefäße und Nerven aus.
Das trifft ebenfalls zu, wenn die Körperhaltung bei der Ausführung der Techniken krumm und schief ist. Dazu kommt noch, dass sich durch eine schlechte Haltung negative Bewegungsmuster einschleifen, die den Körper noch weiter belasten und dann zu einer Fehlstellung der Knochen führen können.

Auch Dr. Hashimotos Ausführungen zum Schwerpunkt im Körper, also zu der Lage und Verlagerung des Schwerpunkts bei Bewegungen, sind nicht nur für einen stabilen und gesunden Körper wichtig. Sie sind auch ein ausschlaggebendes Kriterium für die Wirksamkeit von Budotechniken.
Das Gleiche gilt auch für sein Prinzip der „Ganzkörperbewegung“: Jede Bewegung muss von der Körpermitte ausgehend durch den ganzen Körper gehen.

Je mehr ich mich mit Sōtaiho beschäftige, es praktiziere und lehre, desto mehr begeistert es mich und zeigt mir Lebenswege auf.
Ich habe festgestellt, dass man es wie eine Budokunst jeden Tag für sich praktizieren sollte. Dadurch lernt man seinen Körper gut kennenzulernen und wird sensibel und aufmerksam. Veränderungen, Probleme, Verspannungen und Krankheiten können so frühzeitig gespürt und dann behandelt werden.

Von Dr. Hashimotos Erkenntnissen profitiere ich sehr und bin ihm sehr dankbar.

Juni 2015, Kenji Hayashi 
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Kotodama  –  Kumbahaka  –  Ken-no-Suburi   

Ich möchte auf Grund meiner Erfahrungen den Zusammenhang zwischen diesen drei Techniken erläutern.

Mit dem Begriff  Kotodama  werden Worte / Laute bezeichnet, die eine besondere Kraft und Energie beinhalten. Kotodama war in Japan schon in früheren Zeiten wichtig und gebräuchlich. Der Aikido-Begründer Morihei Ueshiba sagt z.B. über Aikido, bzw. die Silbe Aiki, dass sie eine spezielle Wirkung und Kraft beinhaltet.
Kotodama ist auch als gesprochenes Wort(e) zu verstehen, dass eine spezielle Wirkung erzeugt. Negative Worte ziehen negative Auswirkungen nach sich, positive Worte wirken sich positiv aus.
Meister Ueshibas Lehrer, Deguchi Wanisaburo (Begründer der Ōmoto-kyo Religion), erklärt Kotodama sehr ausführlich und tiefgreifend. Seine Erklärungen sind aber schwer zu verstehen, aber ich finde, sie sind auch in der heutigen Zeit für uns von Bedeutung.
Ich versuche es einfach zu erläutern: In allen Sprachen finden sich die Vokale a e i o u, sie sind die Basis einer Sprache. Diese Vokale haben ihren Ursprung im Laut „Su“ (gesprochen mit einem scharfen S, wie im engl. sister). Andersherum gesagt, aus dem Su-Laut werden die Vokale und dann weitergehend alle Worte geboren.
Der Su-Laut wird von Deguchi Wanizaburo, bei der Omoto-kyo-Religion und auch beim Takemusu-aiki als Kreis mit Punkt in der Mitte dargestellt:    
                                           
Beim Omoto-kyo wird Su auch als Laut bezeichnet, aus dem das Universum entstanden ist und somit als Basisenergie.
Dieser Laut wird auch in vielen japanischen Schriften erwähnt. Es gibt auch viele Worte, die mit dem Su-Laut beginnen.

Ueshiba schreibt in seinem Buch Takemuse-Aiki:
Su ist ein Laut, der sich in allen Richtungen, nach oben, unten und seitlich ausbreitet und so zu einem Kreis wird. Damit beginnt die Atmung. Aus dem Su entsteht dann der einzelne Vokal „U“. Der U-Vokal steigt von unten nach oben auf und es entsteht der Vokal „A“. Wenn die Schwingung A wieder heruntersinkt entsteht das „O“. Aus diesen Vokalen, u a o, entwickeln sich die sechs Silben ta - ka - ma - ha - ra. Aus dem letzten Laut, aus Ra, entsteht eine kreisende Bewegung, eine rechtsdrehende aufsteigende Spirale. Aus dieser Spirale entsteht wiederum eine sich abwärts-, linksdrehende Spirale. Aus den Spiralen ergeben sich dann verschiedene Zusammenhänge und Verbindungen.

Ich denke, ich habe nur etwas von diesen Erklärungen verstanden und dass meine Erläuterungen unzureichend sind. Wenn ihr es genauer verstehen möchtet, lest es bitte selber nach.

Ich möchte jetzt aber von meinen eigenen Erfahrungen mit dem Su-Laut berichten. Wenn ich den Su-Laut immer weiter wiederholt habe, wurde das „u“ immer länger und nach einiger Zeit blieb nur das U übrig.
Für mich tauchte jetzt die Frage auf, ob nicht das U, bzw. die daraus entstandenen Vokale Vokale a e i o ausreichend sind, ohne das Su. Das war mir lange Zeit nicht klar. Ich habe aber dann bei meinen Übungen die Bedeutung des Su-Lautes gefühlt:

Ich habe das Gefühl, dass der Su-Laut zuerst zum Steißbein geht, dort schwingt und die Muskeln vom Aftermuskel anregt. Dadurch entwickelt sich eine „hochziehende“, schließende Wirkung auf den Aftermuskel, so dass auf natürliche Weise der Kumbahaka -Zustand entsteht. (zum Thema Aftermuskel siehe: Kumbahaka-taisei, weiter unten,  und Kumbahaka, Teil 1-4) Dadurch entfaltet sich im Unterbauch ein angenehmes Gefühl und so kann sich auch ein guter Schwerpunkt entwickeln.
Das war mit dem U-Laut allein nicht so gut zu spüren.

Beim Su-Laut stößt die Zunge vorne leicht an die Zähne, beim U-Laut bleibt die Zunge weiter hinten, außerdem sind die Zähne beim U etwas weiter geöffnet. Wenn nach dem „S“ das U folgt, geht die Zunge etwas zurück, die Kiefernmuskeln lockern sich, der Mund verbreitert sich und es entsteht eine Art Lächeln.

Wo ist jetzt die Verbindung zum Budo / Taido?
Die Verbindung ergibt sich durch Meister Tada. Meister Tada war ein Schüler von Tempu Nakamura, der intensiv Kumbahaka unterrichtet hat und auch sehr viel Wert auf positive und bestärkende Worte gelegt hat. Meister Tada hat das wiederum an mich weiter gegeben und ich habe gespürt, dass das auch für mich wichtig ist und eine positive Wirkung hat.

Ich schlage viel mit dem Holzschwert auf einen stehenden Holzstamm. Den Schlag verbinde ich mit dem Laut „eiiiii“. Dieser Laut wird sehr in die Länge gezogen, besonders am Ende das „i“. Dabei habe ich das Gefühl, dass beim Schwertschlagen durch „eiiii“ im Körper das gleicht Gefühl entsteht, die gleichen Vorgänge ablaufen wie beim den Lauten „su - u - a - e - i - o.
Wenn ich auf den Holzstamm schlage, Ken-no-Suburi übe, ist meine Technik anders als das normale Suburi. Direkt nach dem Schlag drehe ich die Schwertklinge zur rechten Seite. Dadurch entsteht eine linksdrehende Bewegung. Danach führe ich das Schwert nach oben und drehe es beim Schlag, den ich mit voller Atemkraft und dem „eiii-Laut“ ausführe, wieder zurück. Die Klinge zeigt dann nach unten. Durch diesen Bewegungsablauf entsteht eine Spiralbewegung. Durch die Spirale entsteht eine „Verdrehung“ der Hände. Mein Gefühl ist: ich wringe dir Hände, ich wringe das Schwert aus und ich „wringe“ die letzte Luft aus dem Brustkorb heraus.
Wenn ich die so Bewegung ausführe, dann habe ich das Gefühl, dass die Laute  su - a - o - e - i - u  in meiner Bewegung enthalten sind, auch wenn ich sie nicht äußere. Ebenso spüre ich dabei auch die Laute  ta - ka - ma - ha - ra.  Besonders den Spirallaut „Ra“ fühle ich bei der oben beschrieben, spiraligen Schwertbewegung

Wo und wie das genau zu spüren ist, kann ich nicht erklären. Das müsst ihr selbst erfahren.
Wie von Deguchi Wanisaburo erklärt, ist Su die Basis, der Ursprung, des Universums und damit auch der Ursprung der Bewegung. Das ist für mich der Punkt, der den Su-Laut so interessant macht.

Wenn ich die Taido-Techniken dem Su-Laut beginne (sanft und leise), dann fließt die Energie leichter zum Partner hin, die Fußbewegungen sind lockerer und schneller. Die Spannung zwischen Angreifer und Verteidiger löst sich auf. Es entsteht eine Harmonie und das Training macht Freude.

Januar 2015, Kenji Hayashi  
                                                                   nach oben zum Seitenanfang                                                         

Kenjis Themen  -  Teil 3