Kenjis Themen  -  Teil 1    Feb. 2009 - März 2010

Themen:
Haltung und Zen und Mut, Feb. 2009
Nabelschau  -  der Bauchnabel, März 2009
Schulterhaltung, April 2009
(meine) Atmung, Juni 2009
Kumbahaka (Teil 1), Juli 2009
Kumbahaka (Teil 2), Jan. 2010
Kumbahaka (Teil 3) - Schultern entspannen u. Tategi-uchi, Feb. 2010
Kumbahaka (Teil 4) - Aftermuskel schließen, März 2010

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Haltung und Zen und Mut

Zen beinhaltet nicht nur meditieren. Im Unterricht wird auch besonderer Wert auf eine gerade Körperhaltung gelegt. Konkret gesagt, Nase und Bauchnabel sollen eine senkrechte Linie bilden, von der Seite her gesehen liegen Ohr und Schulter auf einer Senkrechten. Das beinhaltet das gerade Sitzen.

Auch außerhalb der Meditation wird beim Zen auf die Haltung geachtet, ganz besonders beim Essen. Bei den Sesshins, die ich mitgemacht habe, musste ich während der Mahlzeiten im Lotussitz sitzen, ganz gerade, die Schultern nach hinten zurückgenommen und nicht nach vorne gebeugt. Das Kreuz sollte gerade gestreckt und die Brust nach vorne geöffnet sein. In dieser Haltung wurde gegessen.

Auch mir ist bei meinem Budo die Haltung sehr wichtig. Wir üben Shizentai, eine gerade Haltung, die der vom Zen entspricht. Sie bezieht sich auch auf die Haltung im täglichen Leben. Also auf die Haltung beim Gehen und Arbeiten, beim Liegen und beim Bewegen. Es ist eine Haltung, die wir immerwährend einnehmen sollen. Dadurch ist es eine sehr strenge Lehre.
Schwierig ist es aber eigentlich nur für Personen, deren Körper schief ist. Für jemanden mit einem im Gleichgewicht befindlichen Körper ist es nicht so anstrengend, da eine gerade Haltung Wohlbefinden vermittelt. In den alten, traditionellen japanischen Budokünsten wird aus langer Erfahrung heraus gesagt, dass eine solche gerade Haltung Mut erzeugt. Das wird auch heute im modernen Leben noch so sein. Ich glaube, dass diese Haltung auch in unserem Leben Gesundheit und Mut bewirkt.

Ab März möchte ich darum jeden Mittwochabend Zen-Meditation anbieten.

Februar 2009, Kenji Hayashi
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Nabelschau  –  der Bauchnabel

Der Bauchnabel ist die Mitte des Körpers. Er zeigt noch die ursprüngliche Verbindung zur Mutter an. Bauchnabel und Nabelschnur stellten die Versorgung als Fötus sicher. Als Erwachsener ist die Verbindung nur noch als eine „Narbe“, Bauchnabel, zu sehen. Es ist für uns trotzdem ein wichtiger Punkt des Körpers; zeigt er uns doch die Mitte unseres Körpers an.

Vielfach ist der Bauchnabel nicht in der Mitte des Körpers. Das ist gut zu sehen, wenn wir uns aufrecht vor einen Spiegel stellen oder setzten, egal ob auf einem Stuhl oder in Meditationshaltung. Wenn der Nabel sich nicht auf der Körpermittelachse befindet, liegt das häufig an einer schiefen, verdrehten Wirbelsäule. Diese verbogene Wirbelsäule beruht auf einem Beckenschrägstand. Wenn das Becken schief steht wird auch die sich darauf aufbauende Wirbelsäule krumm. Viele Menschen haben so ein schiefes Körperfundament. Das beeinflusst unseren Körper in allen Lebensbereichen negativ.

Meditationsmeister in China und Japan haben dieses Problem erkannt und es beschrieben. Beispielsweise lautet eine Anweisung aus solch einem alten Text: Im Lotus- oder Seiza-Sitz ist es gut den Oberkörper nach rechts und links zu schwingen, um den Schwerpunkt nach unten zu legen. Damit wird ein stabiler Sitz, ein festes Fundament erreicht. Dann soll der Oberkörper 45° nach vorne geneigt und gleichzeitig das Gesäß nach hinten gedrückt werden. Von dieser schrägen Position aus soll man sich langsam aufrichten und dabei darauf achten, dass das Gesäß in der herausgedrückten Position verbleibt. Dadurch geht der Bereich des  5. Lendenwirbels nach vorne und die Wirbelsäule steht senkrecht. Es entsteht so auf natürliche Weise eine positive Spannung im Unterbauch und der Bauchnabel rückt in die Körpermitte.

Im Budo, zum Beispiel beim Schwert heben und schlagen und auch beim Wurftechniken ist eine gute Haltung wichtig. Sie wirkt sich wie ein „natürliches Schutzschild“ auf unseren Körper aus. Unser Körper ist gefestigter bei den verschiedensten Belastungen und kann sich auch wieder gerade ausrichten. Das ist auch im Alltag der Gesundheit förderlich.

März 2009, Kenji Hayashi                                                                          nach oben zum Seitenanfang
 

Schulterhaltung

Ein Anfänger hat beim Zen oft Probleme mit harten und verspannten Schultern. Als Abhilfe sind Schläge mit dem Keisaku (flacher Holzstock) gedacht. Dafür bittet der Übende den Zenmeister ihm auf die Schulter zu schlagen. Die Schläge dienen (unter anderem) dazu die verspannten Schultermuskeln zu lockern, wie bei einer Massage.

Schultern können sich verspannen, weil die Haltung schlecht ist. Wenn beispielsweise der Oberkörper krumm und nach vorne gebeugt ist oder auch schräg nach hinten geneigt oder seitlich schief ist. Dadurch liegt der Körpermittelpunkt nicht im Körperzentrum, dem Tanden. In Folge dessen sitzt der Übende beim Meditieren nicht gut und es fällt ihm schwer sich zu konzentrieren und es kommen ihm die verschiedensten Gedanken.
Auch Gefühle können Einfluss auf die Körperhaltung nehmen. Jeder hat bestimmt schon gespürt und auch bemerkt, dass die Schultern bei Angst oder Kummer hochgezogen werden und sich dann verspannen.

Beim Kendo wird unterrichtet „mit der Schulter zu schlagen“ und nicht mit der Hand. Wenn die Muskeln um das Schultergelenk, das Schulterblatt und Schlüsselbein locker sind, überträgt sich die Energie des Schlages gut auf das Shinai. Der Schlag ist dann kräftig und energievoll. Bei einem Schlag, ausgehend nur vom Arm oder von der Hand, verspannen sich schnell die Schultern. Das gilt auch für andere Budo(schlag)techniken. So kann an den Schultern / der Schulterverspannung gesehen werden, ob sich jemand richtig bewegt.

Es gibt die verschiedensten Problemstellungen der Schultern: hochgezogene, unterschiedlich hohe, vor- oder zurückgezogene Schultern. Das ist aber nicht nur ein Schulterproblem, sondern ein allgemeines Körperproblem. Es beruht oft auf Knochenfehlstellungen im Körperskelett, besonders im Becken- und Wirbelsäulenbereich.
Um zu einer guten Schulterhaltung zu gelangen, ist es wichtig, die Schultern bewusst zu senken und zurück zu nehmen, so dass sich dadurch der Brustkorb öffnet. Für Zen, Budokünste, Schwertschlagen u.a. sollte diese Haltung eingenommen werden.

April 2009, Kenji Hayashi
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(meine) Atmung

Zu Beginn unseres Lebens atmen wir ganz natürlich, eine tiefe Bauchatmung. Aber wenn wir älter werden und unser Verstand immer mehr unser Handeln bestimmt, ändert sich oft auch unsere Atmung. Auch unser Körper und Charakter, die unsere Atmung beeinflussen, entwickeln sich. Ebenso wird unsere Atmung durch unsere Körperkonstitution und durch unsere positive oder negative Lebenseinstellung beeinflusst, wie auch durch unser „Schicksal“ – Glück oder Unglück.

Es ist bekannt, dass eine tiefe, ruhige Atmung wichtig für unsere Gesundheit ist, aber in der Realität achten die meisten Menschen nicht auf ihre Atmung. Ihnen ist nicht bewusst wie sie atmen. Schon seit altersher gab es Menschen, in Ost und West, denen die Wichtigkeit der Atmung für die Gesundheit bewusst war, die sich intensiv mit der Atmung auseinandergesetzt und dann über darüber gelehrt haben. Dabei wurde immer lange Atmung mit langem Leben verbunden.

Beim Zazen wird eine lange, ruhige Atmung in Zusammenhang mit einer aufrechten Haltung gelehrt. In den japanischen Kampfkünsten wird Atmung eingesetzt, so gibt es beim Aikido Atemtechniken (Kokyuho). Ich habe von meinem Lehrer, Meister Hiroshi Tada, Kumbahaka und Kokyusoren gelernt.

Nachdem ich in Hannover mein Dojo gegründet hatte, bin ich jedes Jahr im Sommer nach Italien zu den Lehrgängen von Meister Tada gefahren. Er hat mich immer wieder kritisiert, meine Atemkraft, Kokyu-ryoku, würde nicht ausreichen, wäre zu schwach. Das war sehr unverständlich für mich. Da ich zu der Zeit viel Zen, Misogi und andere Atemübungen praktizierte. Aber diese Worte von Meister Tada gingen mir nicht aus dem Kopf, wie ein Koan haben sie mich immer beschäftigt. So war es für mich wie ein Schock, als einmal meine Frau zu mir meinte: "Für dich ist Atmung so wichtig und du übst so viel, trotzdem ist deine Atmung während deines Schlafes relativ kurz und schnell."
Das Ziel der Übungen ist es, auch im unbewussten Zustand, im Alltag und im Schlaf, ruhig und tief zu atmen. Meine Frau machte nur wenig Atemübungen und trotzdem war ihre Atmung tiefer und länger als meine. Es war wie ein neues Koan. Eine Lösung zeigte sich erst Jahre später, als ich mich intensiv mit Sōtaiho (Bewegungsübungen für die Körperbalance) beschäftigte.

Die Bewegungsübungen beim Sōtaiho werden alle mit einer Ausatmung durchgeführt, da sich der Körper dann besser entspannen kann und dadurch leichter ins Gleichgewicht kommt. Diese Sotaiho-Bewegungen, mit der Atemtechnik zusammen, habe ich dann täglich geübt. Dadurch wurde mir bewusst, dass sich beim Atmen nicht nur Muskeln, sondern auch Knochen bewegen und dass beim Ein- und Ausatmen sich im Körper Spannung und Entspannung abwechseln. Ich konnte fühlen, dass es in meinem Körper verspannte Bereiche gab, die durch ihre Härte meine Atmung behinderten. Ebenso konnte ich den Einfluss von Gefühlen und Empfindungen auf die Atmung spüren. Dieses neue Fühlen der Härte in meinem Körper in Zusammenhang mit der Bewegung der Knochen bei der Atmung verschaffte mir Klarheit über meine Atmungsprobleme. Ich begann mich nochmals intensiv mit Atmung auseinanderzusetzen.

Eine weitere Hilfe, war für mich das Buch von Dr. med. Nabuo Shioda, dass ich vor ca. 6 Jahren geschenkt bekam. Seine Atemtechniken gaben mir viele Anregungen. Ich fand Verbindungen zu der Atmung von Tempu Nakamura, Chowado, Misogi und Okinaga.

Juni 2009, Kenji Hayashi       
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Kumbahaka  (Teil 1)

Das Wort Yoga stammt aus dem Sanskrit und bedeutet: "verbinden/vereinen von Körper und Geist" oder auch "verbinden von Mensch und Göttlichkeit – so handeln wie die Götter".

Bei einigen Yogaübungen wird angestrebt, von außen kommende Reize, wie zum Beispiel Hitze, Kälte, Schmerz u.a., nicht zu beachten und gleichzeitig den Körper zu stärken. Es gibt sehr schwierige Übungen, die Yoga-Meister befähigen, äußere Reize vollkommen auszuschalten. Das ist der schwer zu erreichende, vollkommene Kumbahaka Zustand.
Tempu Nakamura*  hat während seiner 3-jährigen Übungszeit im Himalaya diesen Zustand erreicht. Drei Jahre sind ein sehr kurzer Übungszeitraum, da es oft bis zu 10 Jahren oder länger dauert, um Kumbahaka Taisei  zu erreichen, falls es dem Übenden überhaupt gelingt. Tempu Nakamura und ebenso sein Lehrer Kaliapa haben vor Freude über den Erfolg Tränen vergossen. Für mich sind beide Meister ein Vorbild.

Wieso hat Tempu Nakamura so schnell den Kumbahaka Zustand erreicht? Er hat in den USA Medizin (Neurologie) studiert und sich dadurch ein gutes Fachwissen über den Körper erworben. Das ermöglichte ihm, die Vorgänge bei Kumbahaka Taisei  besser zu verstehen, und später seine Kumbahaka Taisei -Unterrichtsmethode zu entwickeln.

Vor Kurzem habe ich von Meister Tada ein Buch bekommen. In dem Buch ist ein Foto von ihm aus seiner Jugendzeit im Tempukai-Dojo. Er ist abgebildet, wie er mit einem Bokken (Holzschwert) eine Bambusstange durchschlagen will. Man sieht seine Konzentration, ebenso sind auch die Zuschauer voll konzentriert. Aber der Blick und die Haltung von Meister Tempu Nakamura zeigen eine noch stärkere Konzentration. Für mich erscheint dort Tempu Nakamura als ein sehr strenger, aber gleichzeitig auch sehr liebevoller Lehrer, der mit seinen Schülern mitfühlte. Wenn ich auf dem Foto Tempu Nakamura betrachte, denke ich, obwohl ich den Yogameister Kaliapa nicht kenne, dass Kaliapa ein ebensolcher Lehrer war, streng und voll Liebe.

Als Tempu Nakamura nach seinem dreijährigen Himalaya-Aufenthalt wieder zurück in Japan war, hat er sich weiter intensiv mit Kumbahaka Taisei auseinander gesetzt und ein leichter verständliches Übungssystem entwickelt mit dem Ziel, das Nervensystem zu stärken und kontrollieren zu können. Die Kontrolle der Nerven ist das Ziel von Kumbahaka, um dadurch den Körper in ein seelisches Gleichgewicht zu bringen. Das ist möglich, da die Nerven die Empfindungen  und Befehle durch den Körper leiten und somit Körper und Geist verbinden.

*Tempu Nakamura, 1876 – 1968, hat bei dem Yoga- und Meditationsmeister Kaliapa im Himalaya Yoga praktiziert, um seine schwere Tuberkulose zu heilen. Als er 1940 geheilt zurück nach Japan ging, gründete er seine eigene medizinisch-philosophische Organisation und nannte seine Lehre Shin Shin Toitsu - der Weg der Einheit von Geist und Körper.

Juli 2009, Kenji Hayashi 
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Kumbahaka  (Teil 2)

Beim Taido-Unterricht spreche ich sehr viel von „Aftermuskel schließen“, und von „Kraft in den Unterbauch legen“ und von „Schultern locker halten“, ganz besonders bei den Atemübungen. Diese Techniken habe ich bei Meister Tada und somit indirekt von Meister Tempu Nakamura gelernt. Wie schon in Teil 1 gesagt, hat Tempu Nakamura sein Kumbahaka als eine Methode beschrieben, mit der das Nervensystem ins Gleichgewicht gebracht wird. Das beinhaltet eine von ihm entwickelte, neue Kumbahaka-Technik, da eine darauf bezogene Erklärung in Yogabüchern nicht zu finden ist. (Das ursprüngliche Kumbahaka entstammt aus dem Yoga.)

Unser Körper besteht aus Knochen, Muskeln, Organen, Hormonen und Nerven. Dabei bilden die Nerven ein Netzwerk und verbinden so die gesamten Körperteile. Unser Kopf ist die Nervenzentrale, von dort aus gehen die Befehle über das vegetative (unwillkürliche) und das motorische (willkürliche) Nervensystem zu allen Körperteilen.
Das vegetative System steuert verschiedene innere Körperaktivitäten, ohne dass unser Wille daran beteiligt ist, z.B. Herzschlag oder Verdauung. Das motorische Nervensystem steuert alle willentlichen Muskelbewegungen.
Wenn das motorische Nervensystem gestört ist, sind auch unsere Bewegungen gestört. Wenn das vegetative Nervensystem beeinträchtigt ist, ist auch die Funktion der Organe und Hormone beeinträchtigt. Das alles kann eigentlich jeder aus seinem persönlichen Empfinden und seiner Körpererfahrung her bestätigen. Ebenso ist es gut nachzuvollziehen, dass die persönliche Gefühlslage sich auf die Nerven auswirkt und dadurch Reaktionen hervorgerufen werden. Zum Beispiel wird man rot, wenn man sich schämt, bei Angst beginnt der Körper zu zittern oder man schwitzt, bei Stress und Ärger verspannen sich Schultern, Arme und Hände, bei Sorgen leidet man vielleicht unter Appetit- und Schlaflosigkeit oder auch unter Bauchschmerzen.

Die gegenseitige Beeinflussung von Nerven und Körper möchte ich mit den beiden folgenden Kreisläufen veranschaulichen:

Kumbahaka ist ein Mittel, um den negativen Kreislauf in einen positiven umzuändern. Durch einen Unfall oder einen plötzlichen Todesfall können auch positive, gesunde Menschen in einen Negativ-Kreislauf kommen. Kumbahaka-Übungen sind dann wie eine Weiche, um von einem Negativ-Kreislauf in einen Positiv-Kreislauf zu kommen.

Ich empfinde das als eine ganz fantastische Methode. Vor ca. 30 Jahren habe ich das erste Mal während Meister Tadas Aikidotraining davon gehört. Es hat mich sehr stark beeindruckt und ich habe mich mit seitdem sehr viel mit Kumbahaka auseinandergesetzt.

Januar 2010, Kenji Hayashi
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Kumbahaka  (Teil 3)  Schultern entspannen und  Tategi-uchi

Durch Tempu Nakamuras Kumbahaka-Methode ist es möglich, starke Reiz- und Erregungszustände zu beeinflussen. Das können zum Beispiel Hitze, Kälte, Schmerz oder einen ein Schock durch Unfall, Feuer oder eine plötzliche Krankheit sein. Ebenso bewirkt Kumbahaka eine Änderung einer negativen Stimmungslage, wie Angst, Kummer, Ärger oder Stress.

Kumbahaka beinhaltet:

1.)   den Aftermuskel schließen
2.)   verspannte Schultern lockern und die Schultern nach unten fallen lassen
3.)   im Unterbauch Kraft sammeln

Das hört sich nicht schwer an. Bei der Durchführung zeigt sich aber, dass es doch nicht so einfach ist, bzw. dass man es erst bei richtiger Anwendung tiefgehender verstehen kann. So ist mir in letzter Zeit klar geworden, dass ich, bezogen auf Punkt 2, zwar die Schultern entspannt, aber dennoch oben gehalten habe. Im Alltag passiert es uns häufig, dass wir unbewusst die Schultern Stück für Stück hochziehen und anspannen. Es besteht die Gefahr, dass das zu einer Angewohnheit wird und dann die Schultern ständig hochgezogen sind.

Vor zwei Jahren bin ich in Japan gewesen und Mitglied des Jigenryu Kenjutsu Dojo geworden. Dort habe ich Suburi (Schwertschlagen) und Tategi-uchi (mit einem Holzschwert schräg von oben auf einen stehenden Holzstamm schlagen) geübt. Während des Unterrichts wurde ich auf interessante Bewegungsfeinheiten hingewiesen und korrigiert. Es waren neue, interessante Aspekte, die ich vorher auf Video und Foto nicht erkennen konnte.

So sollte ich mit einem dicken Holzschwert mit aller Kraft Tategi-uchi schlagen. Dabei müssen die Hände den Griff des Holzschwerts während des Schlagens nach innen drehend (wringend) umfassen. Wenn die Technik nicht richtig durchgeführt wird, geht ein Schock durch die Hände zu den Schultern hin und das Schwert springt unkontrolliert zurück. Gleichzeitig mit dem Schlag soll man so laut wie möglich schreien.

Es war für mich sehr schockierend, feststellen zu müssen, dass ich meinen Körper doch nicht so gut und genau kontrollierte und bewegte, wie ich dachte. Wenn fortgeschrittene Schüler geschlagen haben, waren der Laut des Schwertschlags und die Stärke der Stimme anders als bei mir. Für mich war es das erste Mal, so schnelle Schläge zu sehen und so laute Stimmen zu hören. Warum war das so? Mit diesem Problem bin ich zurück nach Deutschland gefahren, habe mir in meinem Dojo einen Holzstamm aufgestellt, Schlagen geübt und über das Problem nachgedacht. Dabei ist mir aufgefallen: wenn beim Schlagen das Shibori, das Wringen der Hände, nicht richtig ausgeführt wird und auch die Ellenbogen nicht senkrecht nach unten zeigen und außerdem beim Schlag die Schultern hochgehen und dazu die Schulter der vorderen, am Schwertgriff liegenden Hand, nach vorne geht, dann pflanzt sich der Schock vom Aufprall durch den Arm in das Genick fort. Dadurch verspannt sich dann der Hals und die Stimme kann nicht volltönend und stark werden.

Wenn ich Shibori richtig durchführte, die Ellenbogen dicht am Oberkörper hielt (waki o shimeru), und beide Schultern unten waren, dann war mein Schlag sehr kräftig und meine Stimme laut. Gleichzeitig habe ich gespürt, dass ich dabei den Aftermuskel gut geschlossen hatte und ich fühlte Kraft in meinem Unterbauch. Mit diesen Erfahrungen habe ich Tempu Nakamuras Kumbahaka-Texte noch einmal gelesen und überdacht. Dabei bin ich besonders auf die Stelle aufmerksam geworden, in der Tempu Nakamura schreibt, dass es wichtig ist, die Schultern zu entspannen und nach unten fallen zu lassen.

Was passiert medizinisch gesehen, wenn wir die Schultern entspannt und locker halten und nach unten sinken lassen? Dann senkt sich auch das Zwerchfell. Anders gesagt, wenn die Schultern hochgezogen werden, geht auch das Zwerchfell nach oben. Dadurch wird die Atmung behindert. Das bedeutet, wenn die Schultern entspannt sind, kann die Atmung besser fließen und sich die Stimme gut entfalten.
Ebenso wirkt sich die Zwerchfellbewegung auf den Solarplexus, ein Geflecht von Nervenfasern, aus. Laut Tempu Nakamura ist der Solarplexus auch ein Punkt, in dem sich die Lebensenergiekraft, die Ki-Kraft, ansammelt. Es gibt im Körper noch weitere solche Nervengeflechte, bzw. Energiesammelpunkte. Im traditionellen Budo heißen diese Punkte Kyusho. Diese Nervengeflechtpunkte sind sehr sensible und empfindliche Stellen. Der Solarplexus ist der größte Punkt. Von dort wird Ki zu den verschiedenen anderen Punkten geschickt. Ein Stoß in den Solarplexus hat eine sehr starke Wirkung und kann sehr gefährlich sein. Aber so ein Stoß hat nicht nur eine physische Wirkung sondern auch eine psychische, da sich der Fluss der Lebenskraft vermindert. Dieser Aspekt ist wichtig, um zu verstehen, dass Tempu Nakamura beim Kumbahaka von einer „beruhigenden Wirkung“ spricht.

Februar 2010, Kenji
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Kumbahaka  (Teil 4)  -  Aftermuskel schließen

Tempu Nakamura hat immer wieder davon gesprochen, wie wichtig ein geschlossener Aftermuskel ist. Darum sollten dafür immer wieder Übungen durchgeführt werden, so dass der geschlossene Aftermuskel zu einem normalen Zustand wird. Wenn der Aftermuskel nicht richtig geschlossen ist, dann kann sich, auf Grund der Gesetzmäßigkeiten im Körper, im Unterbauch keine Kraft entwickeln. Diese Zusammenhänge sind für viele aber nicht spürbar und damit nicht nachvollziehbar.

Ich persönlich übe zum Beispiel vor dem Duschen mit nacktem Oberkörper Kumbahaka. Dabei achte ich sehr darauf, dass ich die Schultern nach unten senke und dass der Körperschwerpunkt auf dem Großen Zeh-Ballen liegt. In dem Moment des bewussten „Aftermuskelschließens“ ist dann eine Muskelbewegung im ganzen Körper spürbar, mit dem Bauchnabel als Mittelpunkt der Bewegung. Der Bauch soll sich dabei aber nicht nach innen ziehen.

Bei Kumbahaka sind Muskeln spürbar, die für sich selber nicht ohne weiteres sichtbar sind, wie der Aftermuskel, Beckenmuskel, Rücken- Schulterblatt- und Schultermuskel, und der rückseitige Oberschenkelmuskel. Durch Kumbahaka-Übungen entsteht ein besseres Balancegefühl im Körper, da die Muskelbewegungen in der Körpermitte, die Verspannungen von Lenden- und Kreuzbeinwirbel lösen und so die Wirbel in ihre vorgesehene Position gleiten können. Dadurch wird der Schwerpunkt im Körperzentrum gestärkt und in Verbindung damit der gesamte Körper.

Laut Tempu Nakamuras Anweisungen soll man Kumbahaka auch üben, wenn man im Bett liegt. Das ist für mich nicht einfach, denn wenn ich liege, habe ich leider nicht den „natürlichen Kumbahaka- Zustand“. Deshalb mache ich jetzt vor dem Schlafen Atemübungen. Ich habe damit angefangen, von der Vorstellung her, durch den Aftermuskel zu atmen und festgestellt, dass dadurch meine Atmung tiefer geworden ist. Außerdem hat sich dabei automatisch der Aftermuskel geschlossen. Wenn man dann beim Atmen mit dem eigenen Finger einen leichten Druck auf den Unterbauch ausübt, merkt man, dass auf natürliche Weise eine Spannung im Unterbauch entsteht. Mit dieser Vorstellung zu atmen war für mich eine neue Erfahrung. Wenn ich jetzt aufwache, beginne ich mit Atemübungen mit Konzentration auf den Aftermuskel. Für mich ist dieses tägliche Kumbahaka zu einer täglichen Freude geworden.

Bei den Kumbahaka-Übungen ist besonders auf den Punkt 3.) - im Unterbauch Kraft sammeln - zu achten (s. unten). Man darf dabei nicht selber, durch Anspannung, Kraft in den Unterbauch legen. Die Kraft und Spannung müssen durch die Kumbahaka-Übungen von selbst entstehen. Wenn durch bewusste Anspannung Kraft entsteht, werden die Organe nach unten gedrückt. Das hat aber sehr negative Auswirkungen auf die Gesundheit.

März 2010, Kenji Hayashi